Ein Technikweltwunder in der HafenCity

Wer ein Abenteuer erwartet ist hier falsch - Alles sauber und ordentlich
Wer ein Abenteuer erwartet ist hier falsch - Alles sauber und ordentlich
Gamelan in der Röhre

Wer jemals auf Bali Gamelanorchestern zugehört hat, wird sich beim Betreten der Tunnelbaustelle für die neue U4 sofort wieder an diese Musik erinnert fühlen. Ein fast magisches Kling-Klong dringt aus einem etwa 25-30 Zentimeter dicken Rohre, die aus dem Tunnel steil in die Luft und aus der Baustelle herausführen. "Der Abraum der Schildvortriebsmaschine wird mit Wasser gemischt und dann ein paar Kilometer weiter an der Versmannstrasse wieder getrennt" erklärt unser Führer. Es ist unglaublich wie aufgeräumt diese Baustelle ist. Ausser ein paar Geräten und einer Zugmaschine für die Tunnelbahn ist eigentlich nichts zu sehen und außer dem Geräusch der mit dem Wasser mitgeführten Steine und einer Belüftungsanlage auch zunächst nichts zu hören.

Kein Mensch weit und breit zu sehen
Kein Mensch weit und breit zu sehen
Die Atmossphäre hier auf der Sohle der zukünftigen Haltestelle Überseequartier ist sonderbar. Über uns gehen meterdicke Betonstützen kreuz und quer durch den Luftraum, außer ist niemand zu sehen. Im rechten Winkel 30 Meter  über uns sieht man den Kran, über den die normalerweise die Tübbinge zugeführt werden. 30 bis 40 solcher Tunnelsegmente verbraucht VERA am Tag und kommt damit um die zehn Meter weiter. Jeweils 6 und ein kleiner Tübbing gehen in einen vollständigen Kreis.

Alles ordentlich beschriftet
Alles ordentlich beschriftet
Aus dem Tunnel sieht man jetzt die kleine Tunnelbahn kommen, mit Homer Simpson als Galionsfigur vorneweg. Sie bringt die leeren Waggons zurück auf denen dann demnächst die neuen Segmente aufgeladen werden. Nun dürfen wir in den Tunnel. Nichts erinnert daran, dass hier noch vor wenigen Tagen Erde und dann VERA vorbeigekommen sind. Niemanden würde es überraschen, wenn jetzt tatsächlich die U-Bahn kommen würde. Romantische Vorstellungen von staubverkrusteten Bergleuten gehören der Vergangenheit an. Wir laufen durch einen Tunnel der eigentlich schon fast fertig aussieht. Dann kommt in der Ferne VERA in Sicht. Es wird lauter und wärmer. Die ganze Zeit begleitete uns das Klingklong der im Wasser abtranportierten Steine, jetzt geht es im Lärm der Maschinen unter. Auch in diesem Abschnitt sieht es noch nicht nach Bergbau aus, eher wie im Bauch der Cap San Diego. Nur das wir uns jetzt im Bauch von VERA befinden. Hier sehen wir jetzt auch die noch nicht verbauten Segmente, die auf Schienen unter der eigentlichen Maschine verschwinden.

 

Weiter geht es in den Tunnel
Weiter geht es in den Tunnel
Trotzdem ist der Bohrkopf von VERA noch relativ weit entfernt. Der Nachläufer der Schildvortriebsmaschine ist fast 70 Meter lang und führt die Technik mit sich. Der eigentliche Kopf ist dann gut zu erkennen. Dutzende von Hydraulikstempeln stützen sich gegen die Ränder der Tübbinge die schon verbaut sind, jeweils wenn ein neues Segment eingesetzt werden soll ziehen sich in diesem Bereich die Stempel zurück. Das Prinzip ist dem Schiffsbohrwurm abgeschaut, der seine Höhlen ähnlich gräbt.

Eine Bahn fährt schon im Tunnel
Eine Bahn fährt schon im Tunnel
Gebaut hat diese Maschine die deutsche Firma Herrenknecht, die inzwischen mit ihren Tunnelbaumaschinen Weltmarktführer ist. Auch der Elbtunnel und der Flughafen-S-Bahntunnel ist mit Maschinen des gerade ihren 30-jährigen Geburtstag feiernden Unternehmens, gebaut worden. Aktuell spektakulärstes Projekt ist eine Schildvortriebsmaschine für einen Tunnel in Moskau, die über 19 Meter Durchmesser hat. TRUDE brachte es immerhin auf knapp über 14 Meter und unsere VERA "nur" auf 6,5 Meter.

Das Herz des Bauprozesses
Das Herz des Bauprozesses
Doch zurück zum Kopf des metallenen Schiffsbohrwurms. Wer weiter will, muß sich wie ein Tiefseetaucher in eine Druckkammer begeben. Der eigentliche Bohrbereich steht unter starkem Überdruck, damit der frisch abgetragene Bereich nicht zusammenfällt und im Grundwasser versinkt. "Wenn wir uns unter Wasser wie im Grasbrookhafen befinden, kann es schon mal passieren, das durch den Überdruck Luftblasen an die Oberfläche dringen" merkt unser Führer an, und weiß nicht, das einen Tag vorher Anwohner die Feuerwehr gerufen hatten, weil aus dem Wasser des Grasbrookhafens ebendiese Luftblasen aufstiegen.

Und aus die Maus
Und aus die Maus
Die Vorbereitungen für den Einsatz eines weiteren Tübbing werden getroffen. Ein Mitarbeiter kontrolliert die Gummidichtungen des Hydraulikarms, der den Tübbing ansaugen und ferngesteuert an seine Position bringen wird. Die Tunnelbahn kehrt jetzt zum Kran zurück, wir folgen ihr. Zu keiner Zeit kommt das Gefühl auf, dass wir uns tief unter der Erde befinden würden, geschweige denn auf einem der größten Bauprojekte in Hamburg. Nun kehrt auch das Gamelanorchester zurück, das uns diesmal auch beim Aufstieg aus der Haltestelle Überseequartier begleitet. Beim Abstieg hatten wir es nicht wahrgenommen, weil wir zu sehr mit dem Staunen über dieses Wunderwerk der Technik beschäftigt waren.

Die Rolling Stones auf der Brücke
Die Rolling Stones auf der Brücke
Das Gamelanorchester kann man auch an anderer Stelle in der HafenCity hören. Auf der Baakenbrücke zu Beginn der Versamnnstrasse laufen die Rohre mit den "Rolling Stones" direkt über die Brücke und man kann sein Gehör damit schärfen, wie die Steine von rechts kommend nach links in Richtung Versmannstrasse verschwinden. Eine kleine Hörprobe kann man hier hören.

http://www.herrenknecht.de
http://www.hochbahn.de
http://u4.hochbahn.de/ausheben-aufbauen/tunnel-bauverfahren/tunnelbohrer

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