Ärger um „GABI“

Zur Eröffnung war noch eitel Sonnenschein (Foto: TH)
Zur Eröffnung war noch eitel Sonnenschein (Foto: TH)
Hortreform in der HafenCity

Die Katharinenschule in der Hafencity gehört zu den ersten 21 Schulen in Hamburg, die bereits vom kommenden Schuljahr an kostenlose „ganztägige Bildung und Betreuung“ – kurz GABI oder GBS – einführen will. Einem Teil der Eltern ist das jedoch zu voreilig. Vorbehalte gibt es außerdem gegen einen Trägerwechsel: Die Kinder werden künftig nicht mehr von der „pme Familienservice GmbH“, sondern von der Arbeiterwohlfahrt (AWO) betreut.

Nun macht die Hortreform Probleme ( Foto: MS)
Nun macht die Hortreform Probleme ( Foto: MS)
Die große Hortreform soll in ganz Hamburg erst 2013 umgesetzt werden. Sie beinhaltet eine kostenlose Hortbetreuung für alle Schulkinder von 8 bis 16 Uhr in den Schulen. 21 Schulen – darunter auch die Katharinenschule – haben schon jetzt die Genehmigung erhalten, im Pilotversuch die Reform frühzeitig einzuführen. Bereits im Dezember des vergangenen Jahres haben sich der Elternrat, die Lehrer- und die Schulkonferenz für den vorgezogenen Einstieg in das Projekt GABI ausgesprochen. Ausschlaggebend dafür ist unter anderem die Raumsituation an der wachsenden Schule, die 2009 mit der ersten Klasse den Neubau am Dalmannkai bezogen hat.

 

Ein Pilotversuch spaltet die Gemüter
Ein Pilotversuch spaltet die Gemüter
Ursprünglich sollten im Neubau die Horträume in den Bereich der KiTa gelegt werden. Doch die benötigte die Flächen zur Betreuung der Elementarkinder. Da die Schule auf den Hort angewiesen ist, wurden für die Hortbetreuung ungenutzte Klassenräume im vierten Stock zur Verfügung gestellt. Bereits bei dieser Absprache im März 2008 war jedoch allen Beteiligten klar, dass diese Lösung nur solange möglich ist, bis die Schule die Klassenräume selbst braucht. Da der Hortträger über keine eigenen Räume verfügt, müssen für eine Anschlussbetreuung der Kinder im nächsten Schuljahr die vorhandenen Räume der Schule multifunktional genutzt werden. Grundlage dafür ist ein neues Raumkonzept und ein neuer Wochenstrukturplan – beide sind auch Voraussetzung für das Projekt „Ganztägige Bildung und Betreuung an Hamburger Schulen“.
„Das ist eine große Herausforderung für uns“, sagt Schulleiterin Ulrike Barthe-Rasch mit Blick auf das ausstehende Raumkonzept. „Wir müssen mit flexiblen Lösungen die Räume schnell umbauen können. Auf jeden Fall müssen die Klassenzimmer so gestaltet werden, dass die Kinder am Nachmittag angemessen betreut werden können.“ Schließlich gehe es nicht um Aufbewahrung, sondern um eine Beförderung und sinnvolle Beschäftigung. Mit der Hortreform verbindet die Schulleiterin vor allem mehr Bildungsgerechtigkeit: Alle Kinder kommen künftig in den Genuss der kostenlosen Nachmittagsbetreuung. Die Bedarfsprüfung über das Kita-Gutschein-System entfällt. Gerade Kinder aus Migrationsfamilien, deren Eltern arbeitslos sind, hatten dabei bisher das Nachsehen, bedauert die Schulleiterin. Das wird sich nach der Reform ändern: „Damit wird die Idee der sozialen Gerechtigkeit gefördert. Wir müssen für diese Kinder einstehen, die keine Lobby haben, das finde ich unheimlich wichtig.“

Der Hort hat den Betreiber gewechselt
Der Hort hat den Betreiber gewechselt
Die Schulkinderbetreuung im Katharinenhort Hafencity war bisher ein Gemeinschaftsprojekt der Schule, der Gemeinde St. Katharinen und des pme Familienservice. Für GABI hat sich die Schulkonferenz nach einem Bewerbungsverfahren für die AWO als künftigen Hort-Träger entschieden. Margit Werner, Hamburger Standortleiterin des Familienservice, findet das sehr bedauerlich. Seit 2008 habe der Familienservice den Hort an der Katharinenschule aufgebaut – er hätte den Betreuungsdienst auch künftig gerne weitergeführt. „Es gab doch bei den derzeitigen politischen Wirren keine Not, ohne Konzept und ohne Kenntnis der Rahmenbedingungen vorzeitig in die Reform einzusteigen. Wir konnten jetzt noch nicht abschätzen, unter welchen Bedingungen wir als Träger weiter an der Katharinenschule arbeiten sollten.“ Werner befürchtet, dass die Konditionen der Hortbetreuung mit der Reform nicht besser werden: „Der Betreuungsschlüssel wird sich verschlechtern.“ Derzeit betreut eine Erzieherin 15 Kinder.
Von weitem sieht alles ganz einfach aus
Von weitem sieht alles ganz einfach aus
Der Familienservice jedenfalls wird zum Schuljahresende die Arbeit in der Hafencity einstellen, die Erzieherinnen werden auf andere Projekte verteilt. Margit Werner bedauert dieses Ende: „Wir hätten gerne den neuen Stadtteil mitgestaltet und die Fahne für Familien und Kinder hochgehalten. Die Idee, ein gemeinsames Bildungshaus in der Hafencity zu entwickeln, konnte leider nicht verwirklicht werden.“

Auch Gunda Salaheldin, bei der Hamburger Diakonie für die evangelischen Kindertagesstätten zuständig, macht kein Geheimnis daraus, dass sie über den Trägerwechsel enttäuscht ist. „Wir haben sehr gute Erfahrungen mit dem Familienservice gemacht, der die Hortarbeit in St. Katharinen mit aufgebaut hat.“ Die Gemeinde St. Katharinen selbst möchte auf Anfrage keine Stellungnahme abgeben.

„Der Familienservice war im Stadtteil gut vernetzt“, sagt Hartmut Gerbsch, Mitglied im Elternrat der Katharinenschule. So manches Projekt könnte mit dem Trägerwechsel nun wieder wegfallen. Auch den vorzeitigen Einstieg in die Hortreform sieht er eher kritisch: „ Als Eltern wurden wir nicht gefragt, ob wir dem Pilotprojekt, also dem frühzeitigem Einstieg als Pilotschule für die Hortreform, in diesem Jahr zustimmen.“ Zwar hält auch Gerbsch eine größere Bildungsgerechtigkeit für wünschenswert. „Aber die Rahmenbedingungen für die Reform sind noch völlig unausgegoren und es gibt keine konkreten finanziellen Zusagen.“ Ohne die sei die Reform aber nicht ohne qualitative Verschlechterung durchzuführen.

Was von Nahem nicht so einfach ist (Foto:TH)
Was von Nahem nicht so einfach ist (Foto:TH)
Gabriele Schuster vom Vorstand des Elternrates sieht das eher pragmatisch: „Bis zum neuen Schuljahr wissen wir, was Sache ist. Wenn die Bedingungen stimmen, sind wir bei den ersten, die die neue Reform umsetzen. Und wenn die Bedingungen nicht stimmen, wenn zum Beispiel die Kosten für die Anschlussbetreuung und die Ferienzeiten für finanzschwache Familien teurer werden, dann steigen wir als Pilotschule auf jeden Fall wieder aus und kehren zum alten Kita-Gutschein-Modell zurück, das ist klar.“ Sie ist von dem Projekt überzeugt, eben weil es soziale Gerechtigkeit für alle verspricht. So kennt sie viele Eltern, die seit der Kita-Geld-Erhöhung die Hortstunden für ihre Kinder reduziert haben. „Für die bringt die Reform ganz klare Vorteile.“

Auch stadtweit ist die Hortreform umstritten. Heftige Kritik gab es beispielsweise von Elternverbänden wie dem Landeselternausschuss Kindertagesbetreuung und dem Hamburger Bündnis für Hortbetreuung. Auch die SPD hatte die vorgezogene Reform immer wieder kritisiert. Für den Wahlsieg hatten die Sozialdemokraten eine „Entschleunigung“ der Umsetzung angekündigt. Damit dürfte das Thema noch nicht vom Tisch sein.