Warum „Schritte ins Ungewisse“ manchmal notwendig sind? Ein Vergleich Oper Sydney und Elbphilharmonie

KOLUMNE

Jörg Munzinger schreibt in seiner Kolumne „#urbnhafencity“ über seine Eindrücke und Beobachtungen in der HafenCity. Seine Leidenschaft sind Immobilien, Architektur und Städtebau. Er wohnt in der HafenCity.

 BU: Die einfache Silhouette ist das Geniale (Grafik: J. Munzinger)
Die einfache Silhouette ist das Geniale (Grafik: J. Munzinger)

Kennen Sie die Oper von Sydney? Na bitte. Und genau so wird es in kürzester Zeit bei der Hamburger Elbphilharmonie sein. Eine Vision überragte in beiden Fällen die Gedanken an Machbarkeit und Vernunft. „Manchmal geschieht es, dass ein waghalsiger Schritt ins Ungewisse uns ein Geschenk für die Zukunft gibt“, sagte der geniale und bis dahin unbekannte Architekt der Oper von Sydney Jørn Utzon.

Dieser Vision ist es zu verdanken, dass solch gigantische Kulturmonumente entstehen konnten. Es gibt nur wenige Bauwerke auf der Erde, die sich mit einer vergleichbar starken Symbolik präsentieren. Die Attraktion liegt in der fünften Fassade, dem Dach, das in noch nie da gewesener Form an ein leuchtendes Segel beziehungsweise funkelnde Wellen und Kristalle erinnert.

„Die Sonne wusste nicht, wie wunderschön ihr Licht war, bis es von diesem Gebäude widergespiegelt wurde“, rief der berühmte amerikanische Architekt Louis Kahn beim Anblick des Opernhauses in Sydney aus. Was würde Kahn wohl sagen, wenn er jetzt vor der Elbphilharmonie stehen würde? An der Oper von Sydney sind es Millionen von Fliesen, die das Licht in einzigartiger Weise reflektieren, in Hamburg glitzern Tausende gewölbte Gläser um die Wette mit den Wellen der Elbe.

Beide Projekte waren ihrer Zeit weit voraus. Sie brachten Planer und Bauherren an die Grenzen des Machbaren und es führte in beiden Fällen zu viel Streit und Ärger.

Auch die Oper von Sydney sprengte vor 50 Jahren den Zeit- und Kostenrahmen. Mitten in der Bauphase kam es zum Zerwürfnis und der dänische Architekt Jørn Utzon wurde rausgeschmissen. Er betrat nie wieder australischen Boden. Sein Meisterwerk hat er nie mit eigenen Augen gesehen.

Bei der Elbphilharmonie gelang die Versöhnung mit den Architekten zum Glück noch in der Bauphase. Mit üppigen Honoraren wurden die Schweizer Architekten Herzog & de Meuron motiviert, das Bauwerk zu seiner Vollendung zu bringen.

Wären die wirtschaftlichen und technischen Herausforderungen im Vorfeld bekannt gewesen, hätte sich wahrscheinlich keiner der Bauherren in Sydney oder Hamburg an das Projekt gewagt – und das wäre doch sehr bedauerlich gewesen.