Bergeinsamkeit

Ein Thriller verbunden mit großartigen Aufnahmen (Fotos: Die Wand)

Kinotipp „Die Wand“

Was wäre, wenn man von einem Moment auf den anderen von der Welt abgeschnitten wäre? Was wäre, wenn man nicht wüsste, wie lange dieser Zustand anhält? Was wäre, wenn man in dieser Welt allein wäre, ganz auf sich gestellt?  Eine Frau (gespielt von Martina Gedeck) sitzt in einer Berghütte und schreibt auf den letzten ihr verbliebenen Blättern auf, was ihr wiederfahren ist. Sie schreibt ihre Geschichte auf, ohne zu wissen, ob sie jemals von einem anderen Menschen gelesen wird.

Eine Frau macht mit einem Paar in einer Berghütte Urlaub. Das Paar spaziert ins Dorf – und kehrt nicht zurück. Die Frau macht sich zusammen mit dem bei ihr gebliebenen Hund Luchs auf den Weg, um das Paar zu suchen. Auf dem Weg stößt sie gegen eine unsichtbare Wand. Sie zweifelt an sich, setzt sich, um dann erneut die Wand vor sich zu ertasten. Erstaunt fragt sie sich, warum niemand vorher von dieser Wand erzählt hat – die Wand ist greifbar, aber ebenso unbegreiflich. Die Frau fängt an, sich mit der Situation auseinanderzusetzen: Sie geht ihr Gebiet ab, in dem sie gefangen ist, und freundet sich mit den ihr verbliebenen Weggefährten an: dem Hund Luchs, einer Kuh, die ein Kalb bekommt, und einer Katze, die ebenfalls ein Junges in die Welt setzt. Die Frau stellt fest, dass sie nicht weiß, wie lange sie hinter dieser Wand leben wird – der Wille zum Leben stellt sich gegen Depressionen und Verzweiflung.
Der Film spielt in einer faszinierenden Bergwelt, die mal in der Sonne liegt, mal stürmisch und verregnet ist oder von Schnee bedeckt. Die Frau, die keinen Namen hat, fängt an, zu schreiben – vielleicht für andere, aber auf jeden Fall für sich. Sie reflektiert, sie setzt sich mit ihrer inneren und der äußeren Welt auseinander.

Eines Tages wird sie gefunden – und diese Begegnung verändert ihr Leben – aber nicht so, wie sie es sich gewünscht hat.

Eine Frau – mit sich alleine

Der Kinofilm basiert auf Marlen Haushofers Roman „Die Wand“. Der Roman ist 1968 erschienen, der Film gibt unverfälscht Passagen des Buches wieder, die inneren Gespräche und Aufzeichnungen, die die Frau in der Almhütte macht.

Martina Gedeck ist die perfekte Besetzung, so Regisseur Julian Roman Pölsler, der sich bereits seit einigen Jahren vorgenommen hatte, das Buch zu verfilmen. Geplant war eine österreichisch-französische Produktion, Juliette Binoche sollte die Rolle der Frau übernehmen. Als es dann aber doch eine österreichisch-deutsche Produktion wurde, war Martina Gedeck die erste Wahl. Sehr reduziert spielt sie die Rolle, auf sich allein gestellt in der gewaltigen Natur und mit ihren einzigen Ansprechpartnern, den Tieren. Die Tiere seien übrigens alle wohlauf, auch wenn einige Szenen im Film brutal seien, versichert der anwesende Pölsler dem Kinopublikum. Das getötete Reh sei dokumentarisches Filmmaterial, und auch dem Hund Luchs ginge es bestens. Zur Premiere Mitte Oktober werde er ihn mitbringen. Luchs sei übrigens sein eigener Hund.  Der Film hinterlässt nachdenkliche Kinobesucher; es stellt sich unmittelbar die Frage, wie man selbst mit dieser Situation zurechtkommen würde. Was wäre, wenn …

Die Wand (108 Minuten) läuft bundesweit am 11. Oktober 2012 an. Unbedingt sehenswert! (AF)