Der ewige Untergang

Cedric Erntges als Zeitungsjunge in historischem Kostüm verteilte Extrablätter.
Cedric Erntges als Zeitungsjunge in historischem Kostüm verteilte Extrablätter.
Vor 100 Jahren sank die Titanic und er Traum von einer beherrschbaren Technik

Auf dem Titel schrie es die Berliner Morgenpost vom Dienstag, dem 16. April 1912, den Lesern entgegen: „Kollision der Titanic mit einem Eisberg … Passagiere und Mannschaft gerettet … Die Titanic wurde in Schlepp genommen und befindet sich auf dem Wege nach Halifax.“ Die New York Times vom 16. April 2012 schrieb die traurige Gewissheit: „Titanic sinks four hours after hitting iceberg.“
Was aus diesen Meldungen wurde, wissen wir alle, die Titanic sank schon einen Tag früher am 15. April 1912 nachts gegen 2:30 Uhr und riss rund 1.500 Menschen in die Tiefe. Die genaue Zahl der Toten konnte aufgrund mit untergegangener Passagierlisten nie ermittelt werden. Rund 700 Personen haben überlebt. Schiffsunglücke gibt es ja leider immer wieder, was aber diesen schrecklichen Unfall zum Mythos macht, sind nicht Kate Winslet und Leonardo DiCaprio, sondern dass superreiche und prominente Menschen zu Tode kamen.

Auf der Titanic waren sehr begüterte Passagiere zur Reise nach New York eingestiegen. So starben die damals reichsten Männer der Welt John Astor (Waldorf Astoria) und Benjamin Guggenheim (Kupfer/Bergbaumaschinen), das Ehepaar Strauss (Kaufhaus Macy’s), Bruce Ismay (Direktor White Star Line), Vater und Sohn Georg (Bankier) und Harry Wideners.
In Gedenken des Untergangs der Titanic lud das Maritime Museum am 14. April bis 1 Uhr morgens zu einer detailreichen Ausstellung, die im Foyer begann und sich bis unter das Dach auf Deck 10 zog. Von diversen Vorträgen, Titanic-Modellen, historischen Filmen, Maschinenkunde, Funkeinrichtung, Kabinenausstattung bis hin zu historisch gedeckter Tafel wurde etliches gezeigt und erklärt, umrahmt von Schauspielern in historischen Kostümen, die lustwandelnd durch die Ausstellung wanderten. Putzig das Unterhaltungsprogramm an Bord früherer Passagierschiffe, hier vom Hapag-Passagierschiff Cleveland 1912: Eier- und Löffellaufen für Damen (erster Preis: ein silbernes Eierbesteck), Handkarrenlaufen für Herren (erster Preis ein Souvenier-Anker), ein Frisuren-Wettbewerb, bei dem die Herren ihrer Angetrauten eine Hochsteckfrisur zaubern sollten (erster Preis für Damen: ein silberner Löscher, für die Herren: ein Zigaretten-Etui).

 

Die Cap Arcona rettete viele Überlebende.
Die Cap Arcona rettete viele Überlebende.
Ob die Passagiere auch solchem Amüsement nachgingen, wissen wir nicht. Sie hätten sicher alle gesund und munter New York erreicht, wenn nicht minderwertiges Material Schuld an dem Unglück gewesen wäre. Nach Meinung der Historiker ist nicht das Leck Ursache des Untergangs, sondern das minderwertige Material, mit dem die White Star Line ihre Titanic zusammenschustern ließ. So wurde das Schiff in Windeseile gebaut und aus zeitlichen und finanziellen Gründen die Stahlplatten lediglich mit Hohlnieten (es wurde seinerzeit nicht geschweißt, sondern genietet) und nicht mit dicken Stahlnieten verbunden. Man meint, dass diese hohlen Nieten der Grund war, warum bei der Eisbergberührung die Nieten nachgaben und zusammengedrückt wurden. Die Stahlplatten rissen auf, Wasser drang ein. Am Anfang gar nicht mal so viel, aber da die Schotten nach damaligen Sicherheitsregeln nicht so hoch eingezogen wurden, wurden die unteren Decks rasch überflutet.  

Das Unglück hat in der Schiffssicherheit vieles verändert. Jedes Schiff muss genügend Rettungsboote und -westen an Bord haben, Rund-um-die-Uhr-Funkwache wurde eingeführt, der Einbau von Schotts bis zum Hauptdeck vorgeschrieben. 1914 wurde die Internationale Eis-Patrouille gegründet, die noch heute per Flugzeug Schiffe vor Eisbergen warnt.