Radioaktiv!

Container mit Stoffen aller Art werden im Hamburger Hafen verladen
Container mit Stoffen aller Art werden im Hamburger Hafen verladen

Hafen ist Umschlagplatz für Stoffe aller Art

Der Brand auf der Atlantic Cartier im Mai letzten Jahres brachte einen Umstand in das Bewusstsein der Menschen am Hafen, der sonst anonym hinter den Wänden der Container versteckt bleibt: Neben Konsumgütern und Rohstoffen aller Art werden im Hamburger Hafen auch Gefahrstoffe umgeschlagen. Gefährliche Chemikalien, Säuren, Waffen, und wie die Atlantic Cartier zeigte, auch radioaktive Materialien. Dabei handelte es sich im Falle des schwedischen Frachters gleich um eine ganze Reihe an Gefährdungen, denen die Stadtteile am Wasser bei einem Brand ausgesetzt wären. Ganz besonders aber entzündete sich die Fantasie der Anwohner an den strahlenden Stoffen, die an Bord der Atlantic Cartier hätten austreten können. Die Nähe zwischen dem arbeitenden Hafen und den Wohngebieten hinterlässt in Falle von Unfällen ein flaues Gefühl in der Magengegend, beträgt die Vorwarnzeit doch bei einer Entfernung von wenigen hundert Metern zwischen dem Umschlagplatz und den Wohnungen bei ungünstigen Winden nur wenige Minuten. Die Gefahrgutexperten der Wasserschutzpolizei kontrollieren regelmäßig die Ladungen der Schiffe. Sie machen sich dabei aber mehr Sorgen um andere hochreaktive Stoffe als um relativ harmlose Ladungen mit radioaktiven Erzen wie im Falle des aktuell im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses stehenden russischen Frachters Sheksna. Dieser fährt regelmäßig mit Uranerzkonzentrat das Steinweg-Terminal gegenüber der HafenCity an und ist schon häufig bei Kontrollen durch Sicherheitsmängel aufgefallen. Von 2012 bis 2014 wurden fast die Hälfte (11 von 24) der kontrollierten Transporte auf der Sheksna beanstandet.

Die Atlantic Cartier
Die Atlantic Cartier

Im August verhinderten Anti-Atom-Aktivisten die Fahrt des Frachters durch den Nord-Ostsee-Kanal, sodass er schließlich die längere Strecke durch den Skagerak nehmen musste. Auch in Hamburg versuchten Atomkraft-Gegner, die Weiterfahrt von Containern mit dem „Yellow Cake“ genannten Material per Eisenbahn zu verhindern, indem sie sich an die Waggons anketteten. Für Dora Heyenn, umweltpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke in der Bürgerschaft können die Vorkommnisse nur eine Konsequenz haben: „Wir brauchen die Teilentwidmung des Hamburger Hafens für Atomtransporte.“ Laut Aussagen der Aktivisten werden im Schnitt jeden zweiten Tag Transporte mit radioaktivem Material im Hamburger Hafen durchgeführt, die Fracht der blockierten Container sollte zu einer Anlage in Südfrankreich zu Brennelementen für Atomkraftwerke weiterverarbeitet werden. Das Uranerz ist aber bis auf die radioaktive Strahlung verhältnismäßig ungefährlich – allerdings gilt diese Aussage deutlich nicht für das Uranhexfluorid, das sich beim Brand im letzten Jahr an Bord der Atlantic Cartier befand. Dieses Material ist hochgiftig und reagiert heftig mit Wasser. Eine Umweltkatastrophe konnte damals nur knapp verhindert werden. Über kurz oder lang muss sich Hamburg bei wachsender Besiedelung der Hafenränder deshalb ernsthaft Gedanken machen, ob das Risiko für die Bevölkerung tragbar ist. Bisher wurden Probleme dank der aufmerksamen Arbeit der Wasserschutzpolizei und der Feuerwehr rechtzeitig erkannt und geklärt, für eine erfolgreiche Arbeit und für die Sicherheit der Anwohner darf an diesen Stellen keinesfalls gespart werden. Im Übrigen sollte man es da mit der Gruppe Kraftwerk halten, die bereits 1975 sangen: „Radioaktivität – Für dich und mich im All entsteht Radioaktivität – Strahlt Wellen zum Empfangsgerät, Radioaktivität – Wenn’s um unsere Zukunft geht.“