Der Hafen lädt nicht zum Wohnen ein

Neue Schwimmende Häuser am Hochwasserbassin
Neue Schwimmende Häuser am Hochwasserbassin

Vom Leben auf dem Wasser

Die allgegenwärtige Nähe zum Wasser ist Hamburgs größtest Kapital. Die Stadt lebt vom Wasser, arbeitet mit dem Wasser und kämpft mit dem Wasser. Verblüffend: Abseits der Alster und echter Hafennutzung gibt es nur wenige wirkliche Versuche sich dem Element Wasser zu nähern. Leben auf dem Wasser? Bis auf wenige Ausnahmen Fehlanzeige. Es scheint als hätte die Stadt Mühe sich der Elbe mit Spaß und Freude zu nähern. Das beginnt mit ganz einfachen Fragen wie dem Wunsch die Beine im Wasser baumeln zu lassen: Gerade jetzt in den warmen Wochen eine ganz konkrete Idee. In der HafenCity scheitert der Erhitzte, aber nicht nur hier. Bis auf ganz wenige Ausnahmen wie in Övelgönne scheint Hamburg es darauf angelegt zu haben, dass der Mensch nicht mit der Elbe in Kontakt kommt. Ein ähnliches Problem scheint Hamburg mit dem Leben auf dem Wasser zu haben. Vor acht Jahren propagierte Hamburg über 1000 Liegeplätze in einem Anfall von Einsicht, doch diese flüchtige Euphorie wich schneller Ernüchterung und die Protagonisten wurden zurückgepfiffen oder mit Vorschriften erschlagen. 22 offizielle Hausbootliegeplätze sind seitdem entstanden auf denen jedoch nicht die Kategorie von Hausbooten liegt, die man gemeinhin im Kopf hat. Die Vorstellungen vom Leben auf dem Wasser sind von Bildern aus Amsterdam oder London geprägt, wo umgebauten Arbeitsschiffe zum Charme der Städte beitragen. Auf den offiziellen Liegeplätzen in Hamburg aber liegen schwimmende Häuser – nur ganz wenig weg von einem echten Haus mit dem Unterschied, das man im Wasser wohnt. Komfortabel, bequem und nicht ganz billig. Am Victoriakai-Ufer in Hammerbrook entstehen gerade einige dieser Häuser auf dem Wasser. Sieben annähernd identische flache Floating Homes mit jeweils rund 140 qm Wohnfläche sollen Ende des Jahres hier liegen, Stückpreis rund 580.000 Euro, einige sind vom Projektentwickler noch zu kaufen. Zwei der schwimmenden Häuser haben schon ihren Platz gefunden, doch noch muss die landseitige Infrastruktur hergestellt werden. Wasser, Abwasser, Strom und Kommunikation bilden die Nabelschnur mit der das Leben auf dem Wasser möglich wird. Luxuswohnungen auf dem Wasser in fast idyllischer Lage.

Ebenfalls in Arbeit - Schwimmende Häsuer am Mittelkanal
Ebenfalls in Arbeit – Schwimmende Häsuer am Mittelkanal

Ganz anders sieht die Vorstellung von Hausbooten im echten Hafen aus. An wenigen Stellen wie im Spreehafen oder in der Billwerder Bucht findet man Enthusiasten und Individualisten, die es geschafft haben dem strengen Blick der HPA zu entgehen oder geduldet werden. Das Wasser kommt hier aus Tanks in den Pontons und wird per Schiff oder Gartenschlauch angeliefert, für die Abwässer gibt es ebenfalls Tanks – wie in normalen Schiffen auch. Das Leben hier ist zwar ähnlich der Floating Homes, aber doch ganz anders. Hier im Tidenbereich der Elbe sind Haus und Bewohner ganz anderen Kräften ausgesetzt, die landseitigen Installationen sind ungleich aufwändiger als in stillen Bille. Der Unterschied ist ein wenig so wie der Unterschied zwischen HafenCity und Schanze. Die Lieger – so heißen im Hafenbereich die Hausboote – sind auf die Infrastruktur der HPA angewiesen oder müssen selbst die Dalben und Brücken herstellen. Viele dieser Anlagen sind aber inzwischen in einem schlechten Zustand und die Individualisten der Liegergemeinde fürchten das sie über kurz oder lang aus dem Hafen vertrieben werden. Zurück bleiben sterile Kaimauern und Uferbereiche ohne die Möglichkeit mal die Beine im Wasser baumeln zu lassen. Hamburg begeht da einen schweren Fehler, denn es vergibt Potenzial, das die Stadt im Wettbewerb mit anderen Städten dringend braucht. Lebendige Wasserkultur an Stellen, die die Stadt bisher ausgeblendet hat – wie der Spreehafen oder der Oberhafen – und die eigentlich von niemanden mehr benötigt werden, könnten die nötigen Freiräume für Kultur und Individualisten schaffen – und nicht zuletzt auch zusätzlich die touristische Attraktivität erhöhen. Der Oberhafen ist so ein Areal: Eine völlig ungenutzte Wasserfläche zwischen Großmarkt und Bahndamm. Eine Siedlung auf dem Wasser könnte hier das nötige Verbindungsglied sein und plötzlich das Trennende in das Verbindende verwandeln. Es muss nur der Willen und die Fantasie da sein, dann findet sich auch ein Weg für die Realisierung. Das folgende Beispiel zeigt wie es geht.

Versuch Leben auf das Wasser zu Bringen - Das Oberhafenboot
Versuch Leben auf das Wasser zu Bringen – Das Oberhafenboot

Etwas abseits vom Geschehen, an der Tatenberger Schleuse, hat sich Torsten Moench ein Plätzchen für sein Hausboot gesucht. Seit vier Jahren ist der Journalist und Buchautor stolzer Besitzer des Hausbootes „Domus Monachus“, das im Tatenberger Hafen im Südosten Hamburgs liegt.  Der Diplom-Ingenieur hat das schwimmende Domizil selber konstruiert und mit Freunden in nur drei Monaten Bauzeit aufs Wasser gebracht. Moench zur Faszination von Hausbooten:  „Menschen suchen seit jeher die Nähe zum Wasser. Da ist es nur logisch, den nächsten Schritt, also den aufs Wasser, zu gehen. Jeder, der schon einmal längere Zeit auf dem Wasser, sei es auf dem eigenen Boot oder einer Charteryacht, verbracht hat, weiß um die Entspannung, die sich schon nach wenigen Stunden bemerkbar macht. Lebt man auf einem Hausboot, ist jeder Tag ein Urlaubstag.“

 

Wer das Leben auf dem Wasser in Betracht zieht muss sich aber auf Besonderheiten gefasst machen. Hierzu Moench: „Hier fallen mir in erster Linie zwei wesentliche Faktoren ein. Erstens: Ohne eine gewisse Affinität zu den Elementen und der Natur geht es nicht. Wind, Regen, Bewegungen und zunächst ungewohnte Geräusche gehören zum Bordalltag. Auf einem Hausboot erlebt man die Natur viel intensiver als in einer Großstadtwohnung oder einem Landhaus. Zweitens: Räumliche Begrenzungen müssen in Kauf genommen werden. Mit wenigen Ausnahmen bieten Hausboote weniger Platz, als man es von herkömmlichen Häusern gewohnt ist.  Doch darin liegt natürlich auch ein Vorteil: Überflüssiges fliegt ganz automatisch von Bord.“ Moench kennt aber auch die Probleme mit denen Hausbootinteressenten zu kämpfen haben: „Das Hauptproblem ist und bleibt der rechtlich einwandfreie Liegeplatz. Nur wenige Kommunen, wie beispielsweise Hamburg, haben klare Richtlinien, nach denen Hausboote genehmigt werden. In der allermeisten Fällen müssen Hausboot-Interessenten sich auf einen beschwerlichen Weg „durch die Instanzen“ begeben. Hier wäre eine Vereinfachung seitens der Behörden wünschenswert.“ Die klaren Regeln in Hamburg auf die Moench anspricht bedeuten aber auch, das die Erfüllung des Wunsches vom Wohnen auf dem Wasser an einen vollen Geldbeutel geknüpft ist und wenig Platz für Individualität lässt. Hier braucht Hamburg dringend Stellen mit weniger Regulierung und mehr Laissez Faire.

Autor aus der HafenCity - Das Buch Hausboote
Autor aus der HafenCity – Das Buch Hausboote

Hausboote sind eine Welt für sich. Wer mehr darüber wissen möchte kann weitere Informationen und Ideen im Buch „Hausboote“ von Udo A. Hafner aus der HafenCity und Torsten Moench holen. Darin informieren die Autoren umfassend über „Typen, Technik und Konstruktionen“ der schwimmenden Domizile. So romantisch ein derartiges Heim auch ist, es wirft doch auch jede Menge praktischer Fragen auf.

 

ISBN 978-3-7688-3570-1

Delius, Klasing & Co. KG, Bielefeld