Andreas Dressel: Fraktionsvorsitzender mit Zukunft

Andreas Dressel
Andreas Dressel

Starkes Mandat oder die absolute Mehrheit?

An Selbstbewusstsein mangelt es seiner Partei nicht. Als letzte in Hamburg verabschiedete die SPD Mitte Dezember ihr Wahlprogramm und nannte es der Einfachheit halber gleich Regierungsprogramm. Seit 2011 vermittelt Andreas Dressel (40) als Fraktionschef zwischen den Wünschen seiner 62-köpfigen Fraktion und der Politik des Senats.

Laut Dressel ist die wirksamste Maßnahme gegen Politikverdrossenheit und Wahlmüdigkeit, dass Politiker ihre Wahlversprechen auch tatsächlich einhalten. Ob die Wähler die Arbeit der SPD erneut mit einer absoluten Mehrheit belohnen? Damit sei nicht zu rechnen, sagen Umfragen.

HCZ: Herr Dressel, worauf sind Sie besonders stolz, wenn Sie die Arbeit Ihrer Fraktion in den letzten vier Jahren betrachten?

Ich glaube, dass es in dieser Frage weniger um Stolz geht. Es geht darum, dass wir Wort gehalten haben und unser detailliertes Wahlprogramm in allen entscheidenden Punkten umgesetzt haben: im Bereich der Bildung und Kinderbetreuung, im Bereich des Wohnungsbaus und quer durch alle Politikfelder. Dass wir am Schluss einen Haken hinter fast alle Vorhaben setzen können, ist in der Politik nicht selbstverständlich. Wir haben uns sehr präzise an das gehalten, was wir vor der Wahl gesagt haben. Das macht uns zufrieden, ist aber auch Ansporn, genauso weiter zu machen: Ordentlich regieren und die Vorhaben ordentlich umsetzen, statt „wolkiger“ Versprechen und Hochglanzbroschüren. Und auch wenn wir viel geschafft haben; es gibt noch viel zu tun. Deshalb brauchen wir wieder ein starkes Mandat der Wähler.

HCZ: Was ist Ihnen nicht gelungen?

Bei allen großen Projekten haben wir den geplanten Stand auch erreicht. Einzig beim Thema Elbvertiefung hätten wir uns eine schnellere Entscheidung des Gerichts gewünscht. Wir haben in unserem Aufgabenbereich alles dafür getan, damit die Arbeiten schon in diesem Jahr hätten beginnen können. Wir erkennen aber auch das Recht der Kläger an, in Sachen Elbvertiefung die Gerichte anzurufen. Jetzt warten wir auf das Urteil, sind aber sehr zuversichtlich, dass die Entscheidung am Ende für Hamburg positiv ausfällt.

HCZ: Zuversichtlich waren Sie aber auch schon, bevor die deutschen Richter erklärten, auf die Entscheidung des europäischen Gerichtshofes warten zu wollen …

In diesem Fall liegen die Entscheidungen nicht bei uns, sondern bei der Justiz. Ich habe aber keinen Zweifel daran, dass am Schluss die rechtlichen Voraussetzungen vorliegen werden, damit die für Hamburgs wirtschaftliche Zukunft so wichtige Fahrrinnenanpassung gelingt.

HCZ: Wie betroffen oder beleidigt ist die SPD, dass die Arbeit der vergangenen vier Jahre – glaubt man den aktuellen Wahlumfragen – vom Wähler wohl nicht mit einer absoluten Mehrheit belohnt werden wird?

Wir sind weder betroffen und schon gar nicht beleidigt – im Gegenteil: Für eine alleinregierende Partei attestiert man uns nach vier Jahren hervorragende Werte. Und auch die Zustimmung für den Bürgermeister, der kolossale Abstand zum Herausforderer und die Zufriedenheit mit dem Senat eröffnen uns alle Chancen auf ein starkes Mandat. Gleichwohl ist Selbstzufriedenheit für einen Wahlkampf kein guter Ratgeber. Wir werden uns anstrengen und freuen uns, mit den Wählern ins Gespräch zu kommen.

HCZ: Keine absolute Mehrheit bedeutet für die SPD, nach der Wahl Koalitionsgespräche mit den Grünen zu führen. Angesichts der noch ausstehenden Entscheidung zur Elbvertiefung kein leichtes Unterfangen. Sind Sie auch in dieser Frage zuversichtlich?

Ja, bin ich. Ob es zu einer Koalition kommt, entscheiden erstmal die Wähler. Sollte es für uns nicht reichen, sprechen wir als erstes mit den Grünen. Diese haben ja bereits in früheren Zeiten eine „Schwarz-Grüne“-Koalition unterschrieben, in der die Elbvertiefung vereinbart wurde. Natürlich müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür geklärt sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich die Grünen bei einer positiven gerichtlichen Entscheidung gegen eine Fahrrinnenanpassung aussprechen würden.

HCZ: Liegt es am bevorstehenden Jahresende oder eher am Wahltermin im Februar, dass die SPD in den letzten Tagen noch die Vereinbarung mit den Kita-Trägern zum Abschluss gebracht und die Neuordnung des Überseequartiers verkündet hat?

Das ist normal für die politische Arbeit zum Jahresende – noch dazu, wenn es einen neuen Haushalt gibt. Sie können es aber auch als Beweis dafür sehen, dass wir bis zum letzten Tag dieser Legislaturperiode mit Hochdruck daran arbeiten, die Stadt weiter voran zu bringen. Ich glaube, dass die Wähler das auch von uns wollen. Wir wurden ja gewählt, um zu regieren und nicht um Wahlkampf zu machen.

HCZ: Die Opposition wirft Ihnen vor, keine zukunftsfähigen Verkehrskonzepte zu haben. Das Busbeschleunigungsprogramm trifft sowohl bei FDP und CDU als auch in Teilen der Bevölkerung auf Widerstand. Haben die Gegner des Projekts recht oder hat die SPD hier ein Kommunikationsproblem?

Mit dem geplanten Ausbau des U-Bahnnetzes haben wir bewiesen, dass wir sorgfältig und langfristig planen. Auch wenn wir schon jetzt mit den Maßnahmen beginnen, und die Verlängerung der U4 bis zu den Elbbrücken ist dafür ein gutes Beispiel, brauchen wir einen angemessenen Planungsvorlauf bis in das Jahr 2020.

Was wir vorher schon auf den Weg bringen müssen, ist die Erhöhung der Kapazität unserer Busse. Die Kapazitätssteigerung um 30 Prozent ist der Kern des Busprogramms. Den Kritikern empfehle ich, mal eine Testfahrt mit der Linie 5 zu machen. Hier kann man die Vorteile des Busprogramms, das selbst der ADAC und der ADFC als nötig einschätzen, im wahrsten Sinne des Wortes schon „erfahren“.

HCZ: Herr Dressel, vielen Dank für das Gespräch.