Vor Ort im Gespräch: K & K

Bundestagesabgeordneten Rüdiger Kruse (CDU)  und Johannes Kahrs (SPD)
Bundestagesabgeordneten Rüdiger Kruse (CDU) und Johannes Kahrs (SPD)

Die HafenCity Zeitung im Gespräch mit den Bundestagesabgeordneten Johannes Kahrs (SPD) und Rüdiger Kruse (CDU) über Haushaltspläne, zusätzliche Millionen, den Nord-Ostsee-Kanal, fairen Wettbewerb unter deutscher Flagge und über interfraktionelle Zusammenarbeit

Sie sitzen für ihre Fraktionen im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages und einer ihrer gemeinsamen Schwerpunkte ist Kultur: In der laufenden Legislaturperiode warben die Hamburger Abgeordneten Johannes Kahrs (52) und Rüdiger Kruse (55) rund 1,5 Mrd. Euro zusätzliche Mittel für deutsche Kulturprojekte bei ihren Bundestagskollegen ein. Viele dieser Mittel fließen in die Hansestadt und tragen zur Sanierung Hamburger Kulturgüter bei oder wie aktuell zur Errichtung des Deutschen Hafen- und Handelsmuseums, dessen spektakulärstes Exponat die Viermast-Stahlbark Peking wird.

Die Sanierung des Mahnmals St. Nikolai, der Katharinenkirche, der Museumsschiffe MS Bleichen, Rickmer Rickmers und Cap San Diego und des Alten Elbtunnels – um nur einige Beispiele zu nennen – wären ohne die Bundeszuschüsse schwierig oder teilweise unmöglich gewesen. Aber nicht nur für so offensichtliche Projekte setzt sich das „K & K- Team“, wie die beiden inzwischen in Hamburg genannt werden, ein. So genehmigte der Haushaltsauschuss des Bundestages bei den Haushaltsberatungen im November auch Mittel für das Thalia Theater, für die Privattheatertage und für die 7. Triennale der Photographie. 

Der CDU-Mann Kruse, Beauftragter für die maritime Wirtschaft der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und der SPD-Mann Kahrs, als Haushaltspolitischer Sprecher seiner Bundestagsfraktion sowie Mitglied des Verkehrsausschusses, wissen um den Wert des Hamburger Hafens und der maritimen Wirtschaft für die Wertschöpfung des Standortes Deutschland.  Und so sind sie sich auch einig, wenn es um die Bereitstellung der Mittel für die Sanierung und den Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals, um die Befürwortung der Fahrrinnenanpassung für den Hamburger Hafen oder um die Entlastung der Reedereien, die unter Deutscher Flagge fahren, von der Lohnsteuer, geht.

HCZ: Herr Kahrs, Herr Kruse, ohne Sie wäre die Errichtung eines Deutschen Hafenmuseums, das zu 100% vom Bund finanziert wird, nicht möglich. Verraten Sie uns doch bitte, wie Sie es schaffen, so erfolgreich 120 Mio. Euro Bundesmittel nach Hamburg zu holen.

Kruse: Als wir darüber im letzten Jahr debattierten, waren wir noch in der Olympia Bewerbung. Wir konnten u.a. damit argumentieren, dass zu dieser Zeit auch die anderen Städte in ihre Kultur investiert haben. Z. B. Paris, dort wurde viel Geld in die Museen investiert. Es war klar, dass auch wir etwas tun müssen.

In der Hauptstadt Berlin sind 100%-Finanzierungen, wie beim Museum der Moderne, durchaus üblich.  Hamburg ist nach Berlin die zweitgrößte Stadt.

Kahrs: Im Moment haben wir den großen, wenn auch seltenen Vorteil, dass der Bund aus vielfältigen wirtschaftlichen Gründen das Geld hat. Und da in Sachen Kultur sonst immer gespart wird, haben wir uns vorgenommen für diesen Bereich mehr Mittel zu verwenden. Entweder für die kulturelle Infrastruktur oder für neu geplante Maßnahmen.

Ich bin mir sicher, dass es für den Kulturbereich in den nächsten 10 Jahren wieder weniger Geld geben wird.

HCZ: Gab es Gegenargumente der anderen „Haushälter“?

Kruse: Es gibt immer Gegenargumente, wie z.B., dass das zu viel Geld für Hamburg sei. Wir bauen aber nicht ein Hamburger Hafenmuseum, sondern das Deutsche Hafen- und Handelsmuseum. Zum Thema Energie gibt es in Essen die Zeche Zollverein und im Saarland die Völklinger Hütte, in der die Geschichte der Industrialisierung beleuchtet wird.

Zum Wirtschaftsfaktor Handel haben wir noch keine museale Aufarbeitung. Und beim Handel muss man in Deutschland den maritimen Einfluss einbeziehen. Damit ist die Entscheidung für den Standort Hamburg nur logisch. Es geht hier nicht um Hafenromantik. Der Hamburger Hafen ist sehr aktiv. Und einen weiteren Vorteil hat der Standort noch: das Museum wird zwar auf Hafengebiet liegen, aber es ist für die Besucher sehr gut erreichbar.

Kahrs: Natürlich hätte man auch über andere Standorte für einen Handels- und Hafenmuseum reden können, wie z.B. Bremen. Aber eins muss man auch sagen: Hamburg war der erste Industriehafen der Welt. Liegeplätze rechts und links der Hafenbecken, der Bau von Schuppen zum Umschlag der Waren und die Hinterlandanbindung mit der Bahn; mittendrin Bäume damit die Arbeitspferde im Schatten stehen. Das was hier erfunden wurde, wurde in aller Welt nachgemacht. Diese Art von Hafen sieht man in Deutschland nur noch an einer einzigen Stelle und das ist die Strecke an den sogenannten 50er-Schuppen. Hier sind die Schuppen und die Spundwände noch original erhalten.

Und eine gute Anbindung kann man u.a. auch mit einer Fährlinie erreichen.  Zur Zeit wird die Verlängerung der Linie 62 geprüft. Von Finkenwerder, zu den Landungsbrücken, Richtung Elbphilharmonie, Veddel, Wilhelmsburg bis hin zum Hafenmusen.

HCZ: Wie entscheiden sie gemeinsam welche Projekte förderungswürdig sind?

Kruse: Uns werden bundesweit viele Projekte nahegelegt und viele kennen wir auch selbst. Unsere Liste ist immer länger, als das, was wir am Ende realisieren können.

Als nächstes prüfen wir, welche Projekte für das jeweilige Bundesland von großer Relevanz sind. Oft hilft es dann, wenn sich das Bundesland stärker an dem Projekt beteiligen kann. Hilfreich ist auch, dass sich bei Bauprojekten die Finanzierung über mehrere Jahre erstreckt.

Kahrs: Man muss deutlich sagen, dass es sich um politische Entscheidungen handelt. Es geht ja um zusätzliches Geld, das nicht im normalen Etat der Staatsministerin für Kultur vorgesehen ist. Bei diesen Mitteln müssen wir gemeinsam die einzelnen Kollegen des Haushaltsausschusses überzeugen. Dazu muss man eine Stimmungslage herstellen.

HCZ: Gibt es auch Projekte bei denen sie sich nicht einig sind?

Kahrs: Wir setzen uns gemeinsame Schwerpunkte und natürlich haben wir auch  Projekte, die dem einen wichtiger sind als dem anderen.

HCZ: Und Projekte zu denen Sie keine Mehrheiten bekommen?

Kruse: Es ist nicht einfach, bestimmte Projekte durchzusetzen. Der Norden ist weniger dicht besiedelt als andere Gegenden in Deutschland, das hat einen Einfluss auf die Kräfteverhältnisse.

Für den Nord-Ostsee-Kanal haben wir zum Beispiel eine breite Zustimmung gehabt. Das gilt aber auch für andere Infrastrukturmaßnahmen.

HCZ: Ist Ihr Erfolgsrezept die überparteiliche Zusammenarbeit?

Kahrs: Wenn man sich auch politisch gut versteht, kann man gemeinsam etwas erreichen. Dann ist man erfolgreicher. Es ist in Mode gekommen, die große Koalition schlecht zu reden. An unserer Zusammenarbeit kann man sehen, dass eine große Koalition, wenn sie gut zusammenarbeitet, einen Mehrwert erbringen kann.

Kruse: Wir haben viele Projekte in anderen Bundesländern gerettet. Bei uns stimmt der Ausgleich und das erkennen die Kolleginnen und Kollegen im Bundestag an.

HCZ: Der Hamburger Hafen ist ein maßgeblicher Wirtschaftsfaktor. Gemeinsam setzen Sie sich für diverse Infrastrukturprojekte ein. Bereiten Ihnen die Verzögerungen bei der Fahrrinnenanpassung und der Rückgang bei den Containerumschlagszahlen Sorgen?

Kahrs: Wir beide können es im Gleichklang sagen: die A 20, die A 21 und die A 26 sowie die Hafenquerspange und die Elbvertiefung müssen kommen, wobei man auch die ökologischen Fragen lösen muss.

Die Naturverbände haben dabei auch eine gewisse Pflicht. Einerseits sorgen sie mit ihren Klagen dafür, dass die Realisierung nach hinten verschoben wird und dann beschweren sie sich über die wachsenden Kosten. Die Stadt Hamburg braucht diese Infrastruktur.

Kruse: In dieser Frage müsste man die Unterschiede zwischen uns mit der Lupe suchen…

HCZ: Und trotz Einigkeit geht es nicht voran…

Kruse: Als Bundestag beschleunigen wir keine Gerichtsverfahren.

Wir haben uns aber in der Koalition die Frage gestellt, wie man darüber hinaus die Zukunft der maritimen Wirtschaft stärken kann. Also haben wir die gesetzlichen Rahmenbedingungen so verändert, dass das Fahren unter deutscher Flagge sich auch im fairen Wettbewerb mit anderen europäischen Ländern wieder rechnet. Als Resultat unserer Bemühungen wurden bereits die ersten zwei Schiffe „umgeflaggt“.

HCZ: Erläutern sie uns bitte den Nutzen für die Bundesrepublik, wenn deutsche Reeder keine Lohnsteuer mehr abführen. Mit dem Steuerprivileg könnten viele andere Branchen doch auch mehr Arbeitsplätze schaffen.

Kahrs: Wenn man will, dass es weiterhin deutsche Schiffe mit deutschen Besatzungen gibt, muss man auch ungewöhnliche Maßnahmen ergreifen…

Kruse: Das Umfeld ist für Reedereien ein anderes. Kein anderes Unternehmen ist auf internationalen Gewässern unterwegs.  Schon bisher zahlten die Reedereien, die ihre Schiffe unter fremder Flagge fahren ließen, keine Lohnsteuern in Deutschland. Uns geht es darum, das Know-how der deutschen maritimen Wirtschaft zu sichern. Die Menschen, die zur See fahren, ergreifen im Anschluss an ihre Fahrzeit maritime Berufe. Sie sitzen in den Reedereien, bei den Schiffsmaklern und in den Containerbetrieben.

Kahrs: Oder sie fahren als Lotsen im Hamburger Hafen. Man darf nicht vergessen, dass Lotsen ehemalige Kapitäne sind. In Hamburg haben wir ein erprobtes Netz an maritimen Berufen, das es auf der Welt nirgendwo so eng gibt. Es ist einzigartig und muss erhalten bleiben. Ohne dieses Netzwerk von Spezialisten wäre Hamburg ein Hafen wie jeder andere, den man anfährt.

Kruse: Wir mussten natürlich andere Bundestagsabgeordnete von der Richtigkeit dieser besonderen Entscheidung überzeugen. Die Wertschöpfung der maritimen Wirtschaft findet ja nicht nur in Norddeutschland statt. So werden Antriebsmaschinen, die hier in Schiffe verbaut werden, in Baden-Württemberg gefertigt. Für die Kreuzfahrtschiffe, die z.B. in der Meyer Werft gebaut werden, werden Bauteile aus dem gesamten Bundesgebiet angeliefert. Unsere Aufgabe als Abgeordnete, die in Hamburg gewählt wurden, ist es, das Bewusstsein dafür zu schärfen.

Kahrs: Wir dürfen auch nicht vergessen, dass Häfen wie Rotterdam und Antwerpen nicht weit weg von Nordrhein-Westfalen sind. Nur ein funktionierender Hamburger Hafen ist wettbewerbsfähig und sorgt für eine hohe Wertschöpfung für die gesamte Republik.

Kruse: Der Hamburger Hafen liegt wettbewerbsmäßig günstig: er liegt weit im Innenland, was weitere Transportkosten spart, er ist schnell und zuverlässig. Wir müssen als Hafen hochspezialisiert bleiben.

HCZ: 2017 sind wieder Bundestagswahlen. Herr Kruse, Sie kandidieren wieder in Ihrem Wahlkreis in Eimsbüttel. Herr Kahrs, Sie werden erneut ein Direktmandat in Mitte anstreben.

Was sind Ihre Pläne für die kommende Legislaturperiode?

Kruse:  Erst einmal müssen wir abwarten, denn vorher haben wir einen Wahlkampf zu bestreiten.

Kahrs: Am Ende entscheidet der Wähler und nur wenn man regiert, kann man auch was bewirken.

HCZ: Meine Herren, wir bedanken uns für das Gespräch.

 

Das Gespräch führten Conceicao Feist und Thomas Hampel.