Im Gespräch mit …

Andy Grote hat die HafenCity im Blick
Andy Grote hat die HafenCity im Blick

Bezirksamtsleiter Andy Grote

HCZ: Herr Grote, ist die HafenCity im Jahre 2013 das was Sie als ehemaliger Bürgerschaftsabgeordneter mitgeplant und mitbeschlossen haben?

AG: In weiten Teilen ja, in anderen nicht. In dem Teil, der fertig gestellt ist, ist der Stadtteil nicht ausreichend gemischt. Gleichwohl wird es immer bunter und vielfältiger. Allerdings haben wir ein großes Problem. Das südliche Überseequartier stellt ein Entwicklungshemmnis dar. Jeder Stadtteil braucht ein Zentrum, das lebt, pulsiert und funktioniert. Dass dieses in der HafenCity noch nicht funktioniert, ist eine Belastung. Es ist enttäuschend, dass es noch nicht gelungen ist, die Entwicklung nach der eingetretenen Leistungsunfähigkeit des ursprünglichen Konsortiums auf neue Beine zu stellen. Daran wird seitens der HafenCity GmbH intensiv gearbeitet, allerdings bisher ohne die dringend erforderlichen Ergebnisse. Zwischen dem westlichen und dem östlichen Teil erscheint die fehlende Bebauung wie eine klaffende Wunde mit wesentlichen Auswirkungen auf die Besucherfrequenz und auf die Entwicklung des Einzelhandels.

HCZ: Ist dafür eine Lösung in Sicht?

AG: Wir im Bezirksamt kennen den Stand der Verhandlungen nicht. Das Verfahren liegt in der Verantwortung der HafenCity Hamburg GmbH als städtische Entwicklungsgesellschaft und diese muss die Perspektiven und die Ergebnisse liefern.

HCZ: Angesichts der Zahl der Zweitwohnsitze und der Vermietung an Feriengästen sowie der Schwierigkeiten der Gewerbetreibenden würden Sie sagen, dass die HafenCity als Stadtteil funktioniert?

AG: Wenn uns Ferienwohnungen gemeldet werden, geht der Wohnraumschutz sofort dagegen vor. Dafür sind wir im Bezirk zuständig und nehmen das Thema sehr ernst.

Andy Grote ist für den gesamten Bezirk Mitte zuständig
Andy Grote ist für den gesamten Bezirk Mitte zuständig

HCZ: Und die Schwierigkeiten der Gewerbetreibenden?

AG: Bei der Gewerbethematik bin ich der Überzeugung, dass es eine Frage der Frequenz ist. Mehr Menschen müssen dort wohnen, arbeiten und zu Besuch kommen.  Es ist zu Zeit schwer aber nicht unmöglich dort zu existieren. Es ist ja nicht so, dass dort jedes Geschäft Insolvenz anmeldet. Die Lösung liegt nicht nur bei den Gewerbetreibenden, die eine Menge Durchhaltevermögen, Professionalität und Sachverstand für diese besondere Herausforderung brauchen. Auch die Vermieter müssen einsehen, dass ihre Ertragserwartungen sich noch nicht im vollen Umfang realisieren lassen. Auch sie müssen sich der Realität anpassen und können das Risiko nicht auf ihre Mieter abwälzen.

HCZ: Die Gewerbetreibenden beklagen die mangelnde Unterstützung und die restriktiven Anforderungen des Bezirksamtes und der HafenCity GmbH z.B. im Bereich der Außengestaltung…

AG:  Ich kann verstehen, dass es eine hohe Sensibilität aufgrund der wirtschaftlichen Lage gibt. Allerdings kann man nicht erwarten, dass für die HafenCity eigene Regeln gelten. Tatsächlich gibt es zusätzliche umfangreiche Gestaltungsvorschriften von der HafenCity GmbH. Wir dürfen aber dabei nicht außer Acht lassen, dass es sich hier um hochwertige Flächen handelt, die Besucher anziehen. Es geht nicht, dass für Steuergelder eine schöne Promenade errichtet wird und diese anschließend mit Kundenstoppern vollgestellt wird. Es gibt im Bezirk weitere schwierige Gewerbestandorte, z.B. das Einkaufszentrum Mümmelmannsberg oder der Marktplatz in Rothenburgsort, denen es auch nicht gut geht. Was soll ich denen sagen, wenn ich die Regelungen für die HafenCity lockern würde? Wir sind gern bereit, uns über konkrete Punkte zu unterhalten Die Bildung der Interessengemeinschaft Gewerbe, die ich begrüße und das Bürgerforum werden es uns künftig ermöglichen, schneller ins Gespräch zu kommen.

HCZ: Wie kann aus Ihrer Sicht die Frequenz gesteigert werden?

AG: Zu Zeit zieht die Architektur die Besucher an. Dieser Effekt wird nicht ewig anhalten. Man muss sich rechtzeitig Gedanken über dauerhafte Attraktivitätsmerkmale machen. Die HafenCity braucht Kultur und damit meine ich Theater, Kino und Musik. Einrichtungen wie die Flutausstellung oder der neu eröffnete Grasbrookpark, der in Hamburg einzigartig ist, finde ich sehr gut. Die Speicherstadt macht es vor. Dort nimmt das kulturelle und gastronomische Angebot zu. Ich hoffe, dass die HafenCity davon profitiert.

HCZ:  Können Fehler wieder gut gemacht werden?

AG: Mit den Unzulänglichkeiten müssen wir leben, so z.B. mit einem Traditionsschiffshafen, das für Traditionsschiffe nicht gut geeignet ist. Aber wir lernen aus Fehlern. Im Bereich des Baakenhafens haben wir, bei der Durchmischung der Wohnungen sichergestellt, dass ein Drittel der 1.800 Wohnungen öffentlich gefördert werden. Darüber hinaus brauchen wir weitere Publikumsmagnete, die z.B. von der Wasserseite her, Besucher zum Aussteigen verlocken.

HCZ: Meinen Sie damit ein stationäres Riesenrad?

AG:. Ich glaube, dass die Einbeziehung des Riesenrades in die Entwicklung des südlichen Überseequartiers für den Stadtteil gut wäre und wünsche mir, dass die Stadt sich dazu entschließen kann. Derzeit gibt es eine Perspektive für das temporäre Rad. Warum nicht das Konzept des südlichen Überseequartiers überarbeiten und ein großes stationäres  Riesenrad integrieren? Als Alleinstellungsmerkmal würde es dauerhaft die Attraktivität steigern.

HCZ: Die Bezirksversammlung hat die Gründung eines Bürgerforums für die HafenCity beschlossen. Bis zum 31.08. konnten sich Bürger und Institutionen anmelden. Was erwarten Sie sich von dem Forum?

AG: Mit dem Bürgerforum schaffen wir eine direkte Verbindung der Bürger, Gewerbetreiben und sonstigen Akteuren der HafenCity zum Bezirksamt und zur Bezirksversammlung. Demokratie und Bürgerengagement brauchen Orte des Austausches  und des Diskurses. Hier können die Bürger z.B. über geplante Veranstaltungen im öffentlichen Raum nicht nur informiert werden sondern auch mitwirken und die Benennung von Straßen, Wege und Plätze sollte künftig dort besprochen werden. Es ist gut, dass die Mitglieder des Netzwerkes und die HafenCity GmbH im Kontakt sind. Als demokratische Struktur ist es aber nicht ausreichend. Das Bürgerforum wird ohne Hürden den direkten Kontakt zur Verwaltung und zu den Bezirkspolitikern ermöglichen und den Menschen den selben Zugang zu bezirklichen Entscheidungen und Beteiligung bieten, wie in allen anderen Stadtteilen. Damit werden die Fragen der Zuständigkeiten von Bezirksamt, Landesbehörden und HafenCity GmbH auch unmittelbarer und transparenter geklärt werden können.

HCZ: Herr Grote, wir danken für das Gespräch.