Das weiße Viertel am Hafen

Jörn Walter begeistert wie immer sein Publikum
Jörn Walter begeistert wie immer sein Publikum
Wettbewerb entschieden

Günter Wilkens zitierte die weiße Stadt Helsinkis und die gründerzeitlichen Quartiere Hamburgs in seinen Siegerentwurf und nicht nur dieses Detail begeisterte die Jury – unter Vorsitz des Architekten Carl Fingerhuth, politischen Vertretern des Bezirks Mitte, sowie erstmals auch unter Teilnahme von Bewohnern der HafenCity – an dem Entwurf den das Team von APB Architekten aus Hamburg. Immerhin 21 Hektar gab es zu gestalten, Raum für 1.800 Wohnungen in attraktiver doppelter Wasserlage mit vielen Blicken auf die Elbe und das Hafenbecken. Jürgen Bruns-Berentelg: „Mit diesem überzeugenden Wettbewerbsergebnis kann das Quartier Baakenhafen zu einem der attraktivsten und interessantesten Wohnstandorte in Hamburg werden. Durch das erarbeitete städtebauliche Konzept wird die doppelte Wasserlage nördlich und südlich des eindrucksvollen Baakenhafens optimal  genutzt. Durch Freizeit- und Sportnutzungen, die die HafenCity um einen ganz neuen Nutzungsschwerpunkt bereichern, und durch andere Nutzungen werden zu den 1.800 Wohnungen außerdem 6000 Arbeitsplätze geschaffen. Mit der Ausschreibung der Grundstücke u.a. für geförderten Wohnungsbau, Baugemeinschaften und Genossenschaften wird im 3. Quartal 2012 begonnen.“

Rund 300.000 qm Bruttogeschossfläche umfasst das Quartier fast doppelt so viel wie das Quartier Sandtorkai/Dalmannkai mit 163.000 m2 BGF – damit ist der Baakenhafen das größte einzelne Quartier in der gesamten HafenCity.  Ein attraktiver Standort, doch ob alle Annahmen tatsächlich dann in der Realität so eintreffen wie es sich Jörn Walter, Jürgen Bruns-Berentelg und Günter Wilkens vorstellen, wird die Zukunft zeigen. Walter sagte zwar in der Präsentation des Siegerentwurfes dass die ausführenden Stellen aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt haben, doch an der einen oder anderen Stelle spielten fromme Wünsche wieder eine große Rolle: Die Aussage, dass in dem Quartier z.B. Baugemeinschaften und Genossenschaften, aber auch geförderter Wohnungsbau auf der Basis von einer Miete von 5,80 Euro pro qm und 8,00 Euro pro qm entstehen werden ist zum Beispiel sicherlich gute Absicht – ob sich diese Ideen aber in der Realität tatsächlich umsetzen werden ist im geplanten Umfang von ein Drittel der gesamten Wohnungen  eher zweifelhaft.

 

Die Visualisierung aus der Wasserperspektive (Quelle: ABP Architekten)
Die Visualisierung aus der Wasserperspektive (Quelle: ABP Architekten)
Auch Günter Wilkens Idee, dass die Erdgeschossflächen sich gezielt mit Branchen belegen lassen, zeugen eher davon dass bei der bisherigen Entwicklung der HafenCity jemand nicht aufgepasst hat. In der Konsequenz macht das aber auch nichts, die großartige geografische Lage wird vieles kaschieren was sich an planerisch guten Absichten gegen die Realität stemmen wird. In der Architektur selbst gibt es auch nichts gegen den Entwurf zu sagen – die moderate sechs- bis siebengeschossige Höhenstaffelung der Gebäude erzeugt Zusammenhalt, möglichst viele Wohnungen erhalten unmittelbaren Wasserbezug, durch Blocköffnungen und Höhenstaffelungen auch jene, die in zweiter Reihe stehen. Mit den Hof- und Blockstrukturen sieht der Entwurf einander verwandte städtebauliche Typologien für das gesamte Quartier vor. Und alles abseits vom sonst allgegenwärtigem Backstein in modernem Weiß – Spannend und mit Sicherheit ein Renner bei den Investoren. Ganz vorneweg die von ABP vorgesehenen Wasserhäuser, die in dieser Form einmalig und erstmalig in Hamburg zum Zuge kommen.

Ein Kompromiss ist die mitten im Hafenbecken liegende Insel mit Grün – es ist halt wenig Raum für Grün vorhanden, da muss wieder mal Wasserfläche dran glauben. Dafür hat die unmittelbar vor der „Baakenhafendüne“ gelegene geplante Grundschule diesmal eine direkte Anbindung an die Grünfläche – rechtzeitig geplant und nicht – wie Jörn Walter eingestand – zu spät wie bei der Katharinenschule. Eine spannende Frage klammert der Entwurf aber aus: Zwar wird sich viel Mühe gegeben die Emissionen von Versmannstrasse und Bahntrasse von der Wohnbebauung fernzuhalten, doch wie mit dem Schiffsverkehr und den Aufliegern umgegangen wird ist nirgends erwähnt. Bleiben die Parkpositionen erhalten, hat man nirgends in Hamburg  bessere Gelegenheit in schlechten Zeiten nahe an großen Schiffen sein.

Günter Wilkens von ABP erklärt seinen Entwurf
Günter Wilkens von ABP erklärt seinen Entwurf
Wir erinnern uns: In der Krise lagen bis zu zwölf Auflieger vor dem Kirchenpauerkai – mit teilweise beträchtlicher Größe. Aber noch ist das letzte Wort zu den Planungen sowieso nicht gesprochen. Der städtebauliche Entwurf wird in den kommenden Monaten nochmals überarbeitet und in einen Funktionsplan verdichtet, der als Grundlage für den Bebauungsplanentwurf und für die architektonischen Realisierungswettbewerbe ab 2012/2013 dienen wird. APB Architekten sind übrigens nicht das erste Mal in der HafenCity tätig: Mit der Harbour-Hall und dem Metropol Dock können die Architekten gleich zwei Bauten in der HafenCity in ihrem Portfolio vorweisen. Auch an anderer Stelle gehen die Planungen weiter: Das Ergebnis dieses Städtebaulichen Wettbewerbs bildet die Grundlage des sich nun anschließenden Freiraumplanerischen Wettbewerbs Baakenhafen, der die Gestaltung der Freianlagen im neu entstehenden Quartier zum Thema hat. Wer sich selbst ein Bild machen möchte kann dies bis zum 30.Oktober im Arabica tun. Die Ausstellung der Arbeiten des Städtebaulichen Wettbewerbs „Baakenhafen“ werden dort öffentlich ausgestellt.

Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 11.00 – 19.00 Uhr, Samstag/Sonntag: 10.00-18.00 Uhr

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