Der Bürger als Luftfilter

Da müssen die Fenster der Elbphilharmonie gleich nochmal geputzt werden (Foto: MB)
Da müssen die Fenster der Elbphilharmonie gleich nochmal geputzt werden (Foto: MB)

Die Sicht ist gut.
Die Luft ist klar.
Das Atmen ist

Starke Gesundheitsbeeinträchtigungen und Zielkonflikte waren das Thema des Abends. An der Shanghaiallee kamen Bewohner der HafenCity, aus Wilhelmburg und von der Veddel auf Einladung des Naturschutzbundes (NABU) zusammen. Sie alle einte die Frage, wie hoch tatsächlich die Belastung durch Emissionen in ihrem Stadtteil sei.

Dem NABU ging es dabei um die Information und Sensibilisierung der Anwohner. Ziel sei es nicht, die Abschaffung des Hamburger-Hafens zu fordern, so Malte Siegert, Leiter Umweltpolitik des Umweltschutzverbandes, die Hafenluft müsse aber besser werden. Die Luft in Hamburg sei dreckig und gesundheitsgefährdend. Untersuchungen des NABU haben ergeben, dass in Altona, St. Pauli, in der Neustadt und in der HafenCity Belastungen gemessen wurden, die bis zu vier Mal höher waren als am Stuttgarter Neckartor bei Feinstaubalarm. Siegert benennt auch die Ursachen, die gesamtstädtisch betrachtet auch Zielkonflikte sind: Eine wachsende Stadt, die immer näher ans Wasser und damit an den drittgrößten Hafen Europas rückt; die Arbeitsplätze, die der Hafen bietet und die Attraktivität Hamburgs bei den Kreuzfahrtgästen. Die durch den Schiffsverkehr entstehenden unsichtbaren ultrafeinen Partikel seien dabei besonders gefährlich, da diese durch die körpereigenen Filter nicht aufgehalten werden können. Sie gelangen ins Blut und können Probleme im Gefäßsystem des Körpers hervorrufen und so zum Beispiel Herzinfarkte und Schlaganfälle verursachen. Kreuzfahrtschiffe tragen zur Grundbelastung prozentual weniger bei als der Container- und Fährverkehr im Hamburger Hafen, jedoch seien ihre Liegeplätze näher an der Wohnbebauung gelegen. Fazit der Umweltexperten: Die Politik und die Schifffahrtsbranche, die das Problem in seiner gesamten Ausprägung nicht wahrnehmen wollen, müssen mehr investieren, um die Luft sauberer zu halten. Ein Vorwurf, den Helge Grammerstorf nicht stehen lassen wollte. Der Direktor des deutschen Ablegers des Kreuzfahrtverbandes CLIA versuchte darzulegen, welche Verbesserungen von der Kreuzfahrtindustrie bereits initiiert oder geplant wären, fand jedoch an diesem Abend wenig Gehör. Am Ende des Abends konnte der NABU die Informationsveranstaltung als Erfolg verbuchen: Fast einhundert Besucher waren gekommen, von denen einige erstmalig den Grad der Luftverschmutzung als Problem zur Kenntnis genommen haben, und besprachen Ideen, wie sie die Politik öffentlichkeitswirksam darauf aufmerksam machen könnten. Und es gab den einen oder anderen, der sich an Aktivitäten zur Messung der Schadstoffe an seinem Wohnort beteiligen will.              CF

 

Kommentar: Gemessen und für zu leicht befunden

Darf es etwas mehr sein?

Die Idee, Wohnen ans Wasser zu bringen, ist jetzt rund zwanzig Jahre alt in Hamburg und die, die an die Hafenkante gezogen sind waren sich meist der Tatsache bewusst, dass die Luft dort nicht immer sauber ist. Wenn man sich die Werte der wenigen Messstationen im Rest der Stadt ansieht – und dem NABU Glauben schenken kann – ist das aber kein alleiniges Problem der HafenCity, auch die extremen Werte in Altona beruhen auf den Abgaswolken der Schiffe aus dem Hafen. Gerade mal etwas mehr als zwei Handvoll an Stationen messen die Luftqualität.Wer auf der Suche nach Informationen über seinen Wohnort ist, steht meist im Regen. Das Projekt von Breezer ist da lobenswert und ein guter Ansatz, aber eigentlich ist der Staat hier in der Pflicht, dessen oberstes Gebot sein sollte, den Bürger zu schützen, jenseits von allen wirtschaftlichen Interessen. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß kann da nicht die Lösung sein. Ein großflächiges, engmaschiges Monitoring sollte oberste Priorität der Stadt sein, offen und ehrlich gegenüber sich selbst und sollte nicht so sein wie das Verhalten der Kreuzfahrtindustrie, die zwar behauptet zu messen, aber konkrete Zahlen wie der Teufel das Weihwasser scheut. Denn echte Entscheidungen können nur auf Basis von Daten getroffen werden – und wer weiß, vielleicht ist es ja gar nicht so schlimm wie immer insgeheim befürchtet, oder viel schlimmer und dann wissen alle, wen sie dafür verantwortlich machen können – den Senat und die Hafenwirtschaft. Ich habe mir zumindest mal den Spaß gemacht und mir ein privates Messgerät angeschafft, um zumindest die Luftqualität an meinem Arbeitsplatz zu überwachen. Solange die Tür zur Straße geschlossen ist, ist alles ok, sobald offen und Wochenende, liegen zumindest die Feinstaubwerte oberhalb der Grenzwerte, unabhängig von irgendwelchen Schiffen habe ich da aber den Straßenverkehr im Verdacht. ν              MB