Einzelhandel im Wandel

Brigitte Nolte Die neue Geschäftsführerin des Handelsverbands Nord in Hamburg hat zuletzt für den CDU-nahen Wirtschaftsrat und als persönliche Referentin von Klaus von Dohnanyi gearbeitet. Von 1993 bis 1999 war die Diplom-Volkswirtin in der Landespolitik in Schwerin tätig, unter anderem als Büroleiterin des damaligen Wirtschaftsministers Jürgen Seidel.   (Foto: Einzelhandelsverband Nord)
Brigitte Nolte
Die neue Geschäftsführerin des Handelsverbands Nord in Hamburg hat zuletzt für den CDU-nahen Wirtschaftsrat und als persönliche Referentin von Klaus von Dohnanyi gearbeitet. Von 1993 bis 1999 war die Diplom-Volkswirtin in der Landespolitik in Schwerin tätig, unter anderem als Büroleiterin des damaligen Wirtschaftsministers Jürgen Seidel.
(Foto: Einzelhandelsverband Nord)

Die HafenCity Zeitung spricht mit der neuen Geschäftsführerin des Einzelhandelsverbandes Nord über die Zukunft, Flächenausweitungen und über Öffnungszeiten

Der Einzelhandel befindet sich in einem tiefgreifenden Strukturwandel. Digitalisierung und demografischer Wandel sind die Herausforderungen. Seit dem 1. Dezember vertritt Brigitte Nolte die Interessen der Branche in Hamburg. Als Geschäftsführerin des Handelsverbands Nord will sie vor allem ein politisches Bewusstsein für die Sorgen und Nöte der Händler schaffen.

 

Frau Nolte, werden wir in Zukunft nur noch online einkaufen?

Nein, definitiv nicht. Der Online-Handel macht derzeit etwa zehn Prozent des gesamten Einzelhandelsumsatzes aus. Wir rechnen damit, dass dieser Anteil in den nächsten gut fünf Jahren auf etwa 20 Prozent wachsen wird. In einigen Branchen, wie etwa im Buchhandel, wächst der Online-Anteil bereits jetzt deutlich langsamer. Im Lebensmittelbereich dagegen fängt es erst an.

 

Was müssen die Einzelhändler tun, um wettbewerbsfähig zu bleiben?

Generell sind für alle Altersgruppen Stadtzentren auch Erlebnisorte. Dem muss der Handel in Zukunft mehr und mehr Rechnung tragen. Einkaufen hat für viele Eventcharakter, das Geschäft wird zur Bühne. Viele Händler haben das bereits begriffen. Die Zunahme sogenannter Concept Stores zeigt das. Es muss darum gehen, den Frequenzverlust aufzuhalten. Die Händler müssen also beide Kanäle gleichzeitig bedienen: Online und Offline.

 

Demnach wäre eine massive Ausweitung der Einzelhandelsfläche, wie in der HafenCity geplant, nicht zeitgemäß?

Es gibt für Hamburg zwar auch gegenläufige Tendenzen – etwa das Bevölkerungswachstum oder steigende Touristenzahlen –, allerdings birgt die Flächenausweitung ein Risiko für die Innenstadt. Es muss also gelingen, das Überseequartier an die Innenstadt anzubinden, um Besuchern ein einheitliches Shoppingerlebnis zu bieten …

 

…oder den vorliegenden Entwurf für die HafenCity zu überdenken?

Vor allem muss die Politik sich über die Konsequenzen im Klaren sein. Die Attraktivität der Stadt hat auch mit der Attraktivität des Einzelhandels zu tun. Die Branche ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor und Arbeitgeber: über 66.000 Beschäftigte mit einem Jahresumsatz im letzten Jahr von 12,5 Mrd. Euro. Die Innenstadt hat daran einen Anteil von 18 Prozent.

 

Das klingt, als sei es wenig.

Der Anteil der Innenstadt an der Einzelhandelsverkaufsfläche von über 2,6 Mio. Quadratmetern liegt bei nur 13 Prozent. Die Stadt verfolgt in ihrem Zentrenkonzept eine Wahrung der Umsatz- und Flächenanteile der Bezirks- und Stadtteilzentren. Es heißt in den Einzelhandels-Leitlinien ausdrücklich, dass bei Flächenausweitungen die überregionale Bedeutung der Hamburger City nicht beeinträchtigt werden soll.

 

Frau Nolte, würde der Einzelhandel von einer Lockerung der Sonntagsöffnungszeiten profitieren?

Das Hamburgische Ladenöffnungsgesetz bietet ja einige Möglichkeiten. Es muss verhindert werden, dass einzelne Standorte sich gegenseitig das Wasser abgraben. Das Flächenwachstum muss insgesamt mit einem Umsatzwachstum einhergehen. Allerdings: Umsatz sagt noch nichts über Rentabilität! Das Überseequartier wird auch für Händler teuer sein.

 

Vielen Dank für das Gespräch

Mehr Informationen:

www.ehv-nord.de