Elbbrücken am Holstenwall

Die Haltestelle Oberhafen
Die Haltestelle Oberhafen

Historische Eisenbahn-Anlage im Hamburg Museum

Die Augen werden groß, wenn auf den kleinen Gleisen ein silberner Pfeil mit sirrendem Propeller vorbeisaust. Aufklärung: Hier fährt der Schienenzeppelin, der in Natura 1931 von einem 600 PS-Flugzeug(!)-Motor und –Propeller angetrieben zwischen Hamburg und Berlin fuhr. Mit 230 Sachen donnerte er von Bergedorf gen Berlin, fegte dank seines Propellers die Menschen an die Wand und Pappdächer von den Bahnhöfen. Das damalige Hightech-Gerät kam aber über die Testphase nicht hinaus, war zu unflexibel, nicht verlängerbar und nur für 30 Passagiere konzipiert. Die Idee wurde begraben, aber das damals revolutionäre stromlinienförmige Design findet sich heute in vielen Dingen wieder.

Wer den skurrilen Schienenzeppelin einmal live erleben möchte, dem sei ein Besuch bei der Modelleisenbahn im 2. Stock des Hamburg Museums (ex Museum für Hamburgische Geschichte) empfohlen. Dort haben ehrenamtliche Eisenbahn-Modellbauer einen Teil des Hamburger Schienennetzes erbaut, das die Gleisanlagen von 1900 bis 1990 zeigt.

Im Maßstab 1:32 füllt die Spur 1-Anlage den 600 Quadratmeter großen Raum, zeigt den Hauptgüterbahnhof am Oberhafen und die Güterstation Am Kai/Baakenhafen, die Bahnhöfe Elbbrücken sowie Oberbaum und den Hannoverschen Bahnhof, von dem aus Züge in die Konzentrationslager starteten. Diese entsetzliche Vergangenheit soll in der HafenCity im zur Zeit entstehenden Loose-Park berücksichtigt werden. Hier wird ein Rest des Hannoverschen Bahnhofs, der in Teilen derzeit wieder freigelegt wird, integriert.

Der Schienenzeppelin
Der Schienenzeppelin

Interessant ist die Darstellung des Bahnhofs „Elbbrücken“, der von Norden aus gesehen vor den Elbbrücken lag. Hier war seinerzeit geplant, die U-Bahn-Trasse über (!) der Straße verlaufen zu lassen, was heute auf der Freihafen-Elbbrücke andeutungsweise zu sehen ist. Wenn man die jetzigen Planungen der U-4 nach Harburg ansieht, wird etwas versetzt zwar, aber erneut der Bahnhof „Elbbrücken“ entstehen. Wie allerdings heute die Gleise der U-4 nach Harburg verlaufen sollen, wird noch geplant bzw. der Bau einer neuen Brücke ist angedacht.

Der  im Museum gezeigte Bahnhof „Oberbaum“ befand sich früher neben der Versmannstraße auf der im vorletzten Jahr abgebrochenen Pfeilerbahn mit ihren schön gemauerten Bögen. Diese Trasse wurde für den Bau der östlichen HafenCity verlegt und ist heute nur noch ein schmuckloser Damm. Der Oberbaum-Bahnhof war in der Nähe der Oberhafen-Kantine, wurde später nicht mehr benötigt und stillgelegt.

Baakenhafen
Baakenhafen

Den in der Anlage zu sehenden Güterbahnhof „Am Kai“ gibt es nicht mehr. Die Schuppen am Baakenhafen wurde jüngst für den Neubau der HafenCity Ost abgerissen. Hier lag bis vor kurzem das russische Museums-U-Boot 434 und der Bungeekran.

Der gezeigte Hauptgüterbahnhof mit seinen vielen kleinen Loks und Güterwagen befand sich bis 2012 nördlich der abgebrochen Pfeilerbahn. Die Gleise wurden abgerissen und die alten Bahnhof-Schuppen als Lager für Logistikunternehmen genutzt. In Zukunft ist geplant, dass sich dort Kreativschaffende ansiedeln und das heruntergekommene Quartier wieder aufhübschen und beleben.

Die 41 Mitglieder des 1931 gegründeten Vereins Modelleisenbahn Hamburg e.V. (MEHEV) , die eigenverantwortlich und mit kleinem Etat seit 1949 die vom Hamburg Museum zur Verfügung gestellten Räume für die Modellbahn-Anlage nutzen, engagieren sich nicht nur für die Ausstellung historischer Gleisanlagen, sondern auch in den Erhalt der in Hamburg historischen und aktuellen Züge. So zeigen sie in der Anlage den Fliegenden Hamburger (1933), in den die Leichtbauweise des Schienenzeppelins einfloss, den „Adler“ (1835), der an eine Postkutsche erinnert, den Doppelstock-Wagen, mehrere TEE-Züge, IC’s, natürlich die Güterwagen und dazu Dampfloks, die das Herz eines jeden Freaks höher schlagen lassen. Im Jahr fahren die über 650 Fahrzeuge, davon 60 Dampfloks, auf den zusammengerechnet 1.200 Metern Gleisen rund 130 Kilometer. Für so kleine Fahrzeuge eine gewaltige Strecke, die einen intensive Reparatur-Aufwand nötig machen. Dass alles rund läuft, dafür sorgen die Mitglieder in freiwilliger und ehrenamtlicher Arbeit.

2014 wird für sie ein besonderes Jahr. Am 30. und 31. August wird der 65jährige Geburtstag der Anlage mit einem großen Modellbahnfest gefeiert. Das Motto: Volldampf in Rente – und wer sich angesprochen fühlt, möge sich bitte an MEHEV wenden. Weitere begeistere Eisenbahnfans werden immer gesucht – und nicht nur Rentner, sondern sehr gern auch Jüngere für Bau, Betrieb und Computersteuerung.

Am 12. April können Nachteulen während der Langen Nacht der Museen die Besichtigung der Eisenbahn-Anlage mit einem Rundgang durch das Hamburg Museum verbinden, Zeit ist bis 2 Uhr nachts.

Die Eisenbahn-Landschaft im Hamburg Museum am Holstenwall 24 ist geöffnet di-sa 10 bis 17 Uhr, so 19 bis 18 Uhr. Die halbstündigen Eisenbahn-Vorführungen mit Erläuterungen finden di – sa 11, 12, 14, 15 und 16 Uhr, so 12, 14, 15, 16 und 17 Uhr statt. Eintritt inklusive Museums-Besuch 8 Euro, frei für Kinder bis 18, weitere Ermäßigungen auf Anfrage.  Mehr unter www.mehev.de oder unter Telefon 31 44 35.