Marina, Marina, Marina

Hier eine Marina? Vieles spricht dagegen
Hier eine Marina? Vieles spricht dagegen
Die betriebswirtschaftliche Sicht auf ein Projekt

Gleich mal vorweggeschickt: Jeder Bootsbesitzer in der HafenCity mit einem Hang zu Törns in der Hamburger Umgebung würde sich über ein langes angekündigtes Projekt im Grasbrookhafen freuen – alle Zahlen und Realitäten sprechen aber leider dagegen. Um den Hintergrund für diese Behauptung zu verstehen, genügen zwei – eigentlich ganz einfache – Rechenbeispiele: Das eine geht davon aus, dass sich ein Investor findet, der kein Kapital aufnehmen muss, sondern die Investitionssumme gewinnbringend anlegen möchte. Für beide Beispiele muss man sich noch einmal die Höhe der angenommenen Kosten vergegenwärtigen. Den Hafen muss der Investor aus eigenen Mitteln ausbaggern lassen, inklusive der Entsorgung des bei der ersten Ausbaggerung anfallenden Giftschlicks, der sich in den Jahren der größten Elbverschmutzung angesammelt hat. Bei den weiteren in späteren Jahren nötigen Ausbaggerungen fallen diese Kosten nicht mehr an. Der Betreiber hat Vorgaben bei der Gestaltung der Pontons für die Hafenanlage – runde geschwungene schlanke Formen werden gefordert, abseits von Standardmaßen und marktüblichen Formen – und muss diese in Einzelanfertigung herstellen lassen.

Der City-Sportboothafen als Konkurrenz
Der City-Sportboothafen als Konkurrenz
Auf diese Weise entstehen seemännisch schwierige Liegeplätze, die die Boote mit dem Bug gegen die geschwungenen Linien der Stege anlegen lassen. Zwischen 120 und 140 Boote können so bei sehr optimistischen Schätzungen im Grasbrookhafen festmachen. Die Länge der Boote hat dabei – solange nicht die Höchstgrenze überschritten wird – keinen Einfluss auf die Anzahl der Boote. Zwischen 16 und 20 Millionen Euro würde die Anlage nach Schätzungen aus Kreisen der HafenCity Hamburg GmbH kosten. Der Hafen würde dabei nicht wie üblich auf zehn Jahre, sondern auf 20 Jahre an den Investor verpachtet werden. In dieser Zeit muss er auf seine Kosten kommen und seine anvisierte Rendite erreichen. Nun zu den konkreten Zahlen: Gehen wir mal der Einfachheit halber tatsächlich von 20 Millionen Euro Kosten aus. Der Investor erwartet – auch der Einfachheit halber – jährlich eine Rendite von 5 Prozent für sein Engagement. Keine besonders unübliche Zahl, bei Großimmobilien wird von internationalen Investoren sogar mehr erwartet – rund 6,5 Prozent.

 

Direkt mit U-Bahn-Anbindung
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Diese Rendite wird eigentlich üblicherweise nach Abzug der laufenden Kosten, wie Hafenmeister, Instandhaltung und Ähnliches, berechnet. Auch hier lassen wir diese Kosten einfach mal außen vor. Der Hafen muss also nach Adam Riese jährlich 1 Million Euro als Gewinn erwirtschaften. Die Kosten für jeden einzelnen Liegeplatz hat man da schnell errechnet: Bei angenommenen 120 Liegeplätzen kostet jeder Liegeplatz durchschnittlich 8.333,33 Euro jeden Bootseigner pro Jahr. Üblicherweise liegen Sportboote nicht das ganze Jahr im Wasser, die Saison geht von April bis Oktober, also rund sieben Monate. Macht 1.190,48 Euro pro Monat Liegegebühr – ein Preis, für den man auch Wohnungen in der HafenCity mieten kann. Diesen Wert müssen wir aber tatsächlich noch mal zwei nehmen, denn wir haben bis jetzt etwas vergessen: Der Investor möchte seine ursprünglich eingesetzten 20 Millionen ja am Ende der Pacht auch wieder mit nach Hause nehmen, sprich nach 20 Jahren wieder 20 Millionen zu seinen Renditeerwartungen in der Kasse haben. Schön einfaches Rechenbeispiel: Auch hierbei handelt es sich um 1 Million Euro jährlich, also alles brav mal zwei nehmen. Jetzt kann sich jeder mit gesundem Menschenverstand ausrechnen, dass selbst in der HafenCity die Klientel rar ist, die rund 2.380 Euro monatlich für einen Liegeplatz in einem nicht für jeden attraktiven Revier ausgibt.

Schnittige Segelboote dann doch eher zum Sailing-Cup
Schnittige Segelboote dann doch eher zum Sailing-Cup
Selbst für die Hälfte des Geldes – wenn der Investor auf eine Rendite verzichtet – ist der Markt nicht groß und günstige Konkurrenz um die Ecke: Im Citysportboothafen am Baumwall kommt man mit einer Zehn-Meter-Yacht auf rund 400 Euro pro Monat – ohne Rabatte. Das zweite Rechenbeispiel brauchen wir jetzt eigentlich nicht mehr zu rechnen. Es würde davon ausgehen, dass der Investor für den Bau des Hafens auch noch einen Kredit aufnehmen müsste. Je nach Zinslage würden dabei entweder ähnliche oder noch schlimmere Zahlen entstehen. Ein Investor hätte nur eine Chance, wenn die Kosten insgesamt erheblich gesenkt werden könnten. Der Staat baggert das Becken erstmalig aus und übernimmt die Entsorgung des Schlammes, die Vorgaben der Pontons ermöglichen marktübliche Schwimmkörper und dadurch eventuell auch mehr Liegeplätze. In Zeiten knapper Haushaltsmittel wäre zumindest die Ausbaggerung eine ziemliche Subventionierung des Investors und politisch nicht durchzusetzen. Also doch der zweite praktische Traditionsschiffhafen?