Von Mythen und Kostbarkeiten

HafenCity-Bewohner Dr. Gereon Boos, neuer Eigentümer des Schwimmkrans, Inhaber von Harrys Hafenbasar und ehemaliger HNO-Arzt
HafenCity-Bewohner Dr. Gereon Boos, neuer Eigentümer des Schwimmkrans, Inhaber von Harrys Hafenbasar und ehemaliger HNO-Arzt

Raritäten auf Schwimmkran GREIF

Hinter jeder Biegung lauern demnächst Überraschungen. Auf dem historischen Schwimmkran GREIF, der zurzeit im Hansahafen liegt, arbeitet HafenCity-Bewohner Dr. Gereon Boos, neuer Eigentümer des Schwimmkrans, Inhaber von Harrys Hafenbasar und ehemaliger HNO-Arzt, seit einem Jahr an der Wiederinstandsetzung des vor über 70 Jahren gebauten Schwimmkörpers und wird in diesen überraschenden Ecken bald etliche Teile seines vor zwei Jahren übernommenen Harrys Hamburger Hafenbasars der Öffentlichkeit präsentieren.

Was heute in der Erichstraße auf St. Pauli gezeigt und verkauft wird, ist teils skurrile, teils anrührende Kunst, Deko, Schmuckstücke und anderes, was Seeleute über Jahrzehnte aus aller Herren Länder mitbrachten. Erst sammelte sie Käp’n Haase in seiner Kneipe. Nach seinem Tod 1934 übernahm Harry Rosenberg die Kuriositätensammlung und stellte sie ab 1952 in seinem Brief- und Münzhandelsgeschäft als Dekoration aus. Bald waren die Stücke nicht mehr nur Deko, sondern gefragte Objekte.

1954 gründete Rosenberg Harrys Hamburger Hafenbasar und machte ihn zur Berühmtheit weit über Hamburgs Grenzen hinaus. Harry verstarb im Jahr 2000, seine Tochter Karin übernahm den Laden, verstarb leider 2011, und deren Tochter Kim konnte mit ihren 17 Jahren den Betrieb nicht mehr aufrechterhalten. Dr. Gereon Boos war der Retter und erwarb den Basar in alter Verbundenheit mit Karin.

Unzählige Exponate warten auf Besucher
Unzählige Exponate warten auf Besucher

Damals und heute ist Harrys Hafenbasar eine Mischung aus Verkaufsraum und Museum. Von den rund 365.000 Exponaten sind etliche nicht mehr verkäuflich, weil zum Beispiel einige Tierpräparate unter das Artenschutzabkommen fallen und der Verkauf verboten ist.

All diese Schätze hütet Dr. Boos in der Erichstraße, aber bald sollen viele Teile auf die 19 Räume umziehen, die sich im historischen Schwimmkran GREIF verbergen. Für die HafenCity Zeitung zeigte Boos bei einer Führung durch die historischen Kammern, wie es dort einmal aussehen wird.

Die Mann(Inspektions-)löcher in den Wänden, wo früher Treibstofftanks eingebaut waren, ergeben atmosphärische Nischen, in denen später effektvoll beleuchtete Skulpturen stehen werden. Stabile Regale in den einzelnen Kammern zeigen dann die Vielfalt der Kunst aus der ganzen Welt – fast alles zu erwerben. Der Rundgang durch die teilweise großzügigen, teilweise winzig kleinen Räume ist fast fertig.

„Es liegt noch ein Haufen Arbeit vor uns. Ich wollte ursprünglich Anfang April fertig sein, aber erstens spielte das Wetter für die vielen Außenarbeiten nicht mit und zweitens wurde die Arbeit immer mehr. Jetzt beginne ich mit der Dämmung der Außenhaut, später mit dem Lüftungseinbau, denn die Exponate sind empfindlich. Ganz zum Schluss kommt das Beleuchtungssystem.“ Zurzeit ist nicht zu glauben, dass die Instandsetzungsarbeiten jemals ein Ende finden, aber das fast fertige kleine Kranhäuschen mit dem über 55 Jahre alten Kampnagel-Kran gibt eine Ahnung davon, wie’s einmal werden wird.

Maritimes ...
Maritimes …

Der Schwimmkran GREIF wurde 1941 auf der deutschen Rasche-Werft in Vlotho an der Weser für die Hamburger Stauerei Tiedemann gebaut. Er ist 22,44 Meter lang, 9,97 Meter breit und hat einen Tiefgang von 2,11 Metern. Der erste Kran soll einen festen Ausleger bekommen haben, der 1958 durch den Kampnagel-GREIF-Kran ersetzt wurde. Seine Hebekraft betrug fünf Tonnen. Die Reederei Schramm nutzte bis 2009 den Kran als Arbeitsgerät im Nord-Ostsee-Kanal und auf der Unterelbe.

Der Ponton hatte ursprünglich einen Zweischrauben-Antrieb, der später ausgebaut wurde. Seitdem musste der Schwimmkran geschleppt werden. Nachdem der Drehkranz mehrfach gebrochen und durch die TÜV-Abnahme gefallen war, war 2009 das Ende des aktiven Dienstes. Die Reederei Schramm verkaufte Motoren, Generatoren sowie alle verwertbaren Ausrüstungsgegenstände und schor die Kranseile aus. Der Kran und das Häuschen werden sich nicht mehr drehen beziehungsweise arbeiten können, denn die gesamte Maschinerie ist jetzt ausgebaut und der Drehkranz seit Langem stillgelegt.

Am 13. Juli 2009 wurde der Kran nach Hamburg geschleppt und an die Stiftung Hamburg Maritim verkauft. Diese suchte einen neuen Besitzer für das besondere Stück mit der Maßgabe, dass ein schlüssiges Gastronomiekonzept vorgelegt werden kann. Und das will Dr. Boos jetzt umsetzen. Es werden Gespräche mit mehreren Investoren geführt: „Ich könnte mir gut ein Café vorstellen“, schwärmt Boos. „Wind- und wettergeschützt, aber transparent, sodass die Optik dieses schönen Gerätes nicht gestört wird.“

Und exotische Kultobjekte aus aller Welt
Und exotische Kultobjekte aus aller Welt

Bereits in der Umbauphase wird der Schwimmkran von guten Geistern beschützt: Deutlich sichtbar hängt an einer Treppe ein großer Traumfänger, im entkernten Rumpf, im Deckshaus und im Kranhäuschen stehen Skulpturen, Masken und ein Kalagas, ein wunderschön mit Pailletten bestickter Wandteppich aus Burma, heute Myanmar, auf dem ein wild fauchender Tiger beeindruckt. „Das alles bringt Glück“, so Boos. „Und wenn hier die Besucher durchgehen, sollen sie von Glücksgefühlen bis zum Gruseln alles erleben.“ Gruseln wird angesagt sein, wenn einem hinter der Schalttafel Schrumpfköpfe entgegenstarren. Wer nicht so lange warten will, dem sei ein Besuch in Harrys Hafenbasar in der Erichstraße 56 zu empfehlen. Dr. Boos hat jeden Tag von 14 bis 17 Uhr geöffnet.

Wie kommt jemand wie Boos als ehemaliger HNO-Arzt dazu, diesen Museumsbasar zu kaufen? „Die Notlage von Kim hat mich als Harrys und Karins Freund berührt, und ich wollte deren Lebenswerk weiterführen, habe meinen Beruf an den Nagel gehängt. Außerdem hatte mich Karl-Heinz Böhm für seine Stiftung „Menschen für Menschen“ gewonnen, was mich als Arzt in äthiopische Krankenhäuser zog. Diese Erfahrung lehrte mich, unsere Medizin mal aus anderer Sicht zu sehen, sodass ich mich später in den Anden als Schamane ausbilden ließ. Dies öffnete noch einmal eine ganz andere Sichtweise auf Krankheiten, die hierzulande als unheilbar gelten.“ Und gerade diese andere Sicht auf Gesundung legte den Grundstein für Faszination auf andere Kulturen, Mystisches, Geheimnisvolles und fremde Riten.

Apropos mystisch: Für Kinder wird es auf dem schwimmenden Raritätenkabinett und Museum etwas Besonderes zu entdecken geben – es soll sich dort der Klabautermann verstecken …

wn