Beklemmender Bautraum

Bildschirmfoto 2015-05-01 um 19.09.43Editorial

Backstein prägt das Hamburger Stadtbild und stiftet Identität – so die gebetsmühlenartig wiederholte Begründung für noch mehr Bauten im vermeintlichen Sinne Fritz Schumachers. Was dabei gerne übersehen wird, ist, dass sich Fritz Schumacher zuallererst als Künstler verstanden hat und dass das Reizvolle, das Faszinierende, das von Schumachers Bauten ausgeht, eben daher kommt, dass Schumacher nicht einfach nur die Ziegel platt an die Wand geklatscht hat. Als ich vor ziemlich genau acht Jahren in die HafenCity gezogen bin, war ich noch ein leidenschaftlicher Verfechter von Backstein, die dazwischenliegenden Jahre und die dort nicht nur in der HafenCity realisierten Bauten lassen mich heute vor Backstein zurückschrecken. Riemchen auf Montageplatten, neunstöckige Straßenfassaden ohne erkennbaren Gestaltungswillen lassen Schumacher bestimmt im Grab rotieren. Willkommen in der Backsteinhölle könnte die Überschrift für die Shanghaiallee lauten, wenn nicht das ehemalige Fabrikgebäude der Hamburger Gummi-Kamm-Compagnie – landläufig Prototyp – und das Gebäude der Brücke mit der Delle ein wenig Trost spenden würden. Ein Maurer stellt sich die Hölle sicher mit den Fassaden der HafenCity vor: ein Haufen Industrieziegel, ohne Punkt und Komma mauern, endlose Reihen immer wieder von vorn. Wer sich in der Rückschau der letzten acht Jahre der Kritik an den ersten Bauabschnitt der HafenCity erinnert – Stichwort Teheranis Würfelhusten –, kann aus heutiger Sicht gar nicht mehr verstehen, wieso kritisiert wurde. Gerade der Würfelhusten ist lebendige, fast schön fröhliche Architektur, ohne die die Architektur der HafenCity grunzlangweilig wäre. Macht doch mal was bunt, rund, asymmetrisch – und wenn schon Backstein, dann lasst doch wenigstens den Maurern ein wenig Gestaltungsspielraum, wenn den Architekten schon nichts einfällt. Apropos nichts einfallen: Zu den Innenhöfen der späteren Bauabschnitte fällt mir auch nichts mehr ein. Auch da war der Würfelhusten um einiges besser und lebenswerter gestaltet als alles, was später gebaut wurde – doch das ist eine andere Geschichte. Wieso ich ausgerechnet jetzt darauf komme? Gerade eben ist der Hamburger Architektursommer mit vielen Veranstaltungen auch in der HafenCity eröffnet worden.