Der Kaiser kommt!

Die Brooksbrücke anlässlich der Schlusssteinsetzung durch Kaiser Wilhelm II. am 29. Oktober 1888. Der Kaiser schreitet mit dem Senat durch das Brückentor. (Archiv Speicherstadtmuseum)
Die Brooksbrücke anlässlich der Schlusssteinsetzung durch Kaiser Wilhelm II. am 29. Oktober 1888. Der Kaiser schreitet mit dem Senat durch das Brückentor. (Archiv Speicherstadtmuseum)

Die Schlusssteinsetzung an der Brooksbrücke 1888

Am 29. Oktober 1888 wurde die Speicherstadt durch Kaiser Wilhelm II. eingeweiht. Hierzu wurde dem Kaiser zunächst eine silberne Maurerkelle mit einem Griff aus Elfenbein und anschließend ein ebensolcher Polierhammer gereicht. Wer diese beiden kostbaren und geschichtsträchtigen Werkzeuge sehen möchte, sollte das Speicherstadtmuseum besuchen, wo sie sich als Leihgaben befinden.

Es war der 29. Oktober 1888. Ganz Hamburg stand Kopf. Der Kaiser kommt! Punkt 12 Uhr mittags hielt der Sonderzug an der Lombardsbrücke, wo die Stadt ein Festzelt aufgebaut hatte, um den hohen Gast zu begrüßen. Eine Dreiviertelstunde später fuhr der Kaiser über die Binnenalster mit einer Barkasse zum Jungfernstieg und von dort mit einer Kutsche durch die festlich geschmückte Innenstadt zur Brooksbrücke in der Speicherstadt. Um 13.15 Uhr traf der Kaiser in der Speicherstadt ein.

Das Jahr 1888 war für Hamburg ein besonderes Datum. Am 15. Oktober wurde die Stadt in das deutsche Zollgebiet eingegliedert. Bismarck hatte den Senat zu diesem Schritt gedrängt. Eine Zollgrenze mitten in Deutschland – nach der Reichsgründung 1871 war das anachronistisch geworden. Andererseits wollten die Kaufleute aber auch nicht das Vorrecht verlieren, Waren zollfrei in Hamburg einführen und lagern zu können. Der Kompromiss bestand darin, den Hafen in einen Freihafen umzuwandeln: eine zollfreie Enklave mitten in der Stadt.

Die Maurerkelle und der Polierhammer, mit denen Kaiser Wilhelm II. am 29. Oktober 1888 den sogenannten Schlussstein in das Tor der Brooksbrücke gesetzt hat.  (Aufnahme Manfred Stempels)
Die Maurerkelle und der Polierhammer, mit denen Kaiser Wilhelm II. am 29. Oktober 1888 den sogenannten Schlussstein in das Tor der Brooksbrücke gesetzt hat. (Aufnahme Manfred Stempels)

Nun stellte sich allerdings das Problem, dass die meisten Speicher in der Innenstadt lagen und somit im zukünftigen Zollinland. Wer nach dem Zollanschluss noch zollfrei lagern wollte, musste daher seinen Betrieb in das Freihafengebiet verlagern. Nach kontroversen Diskussionen entschied sich der Senat schließlich, die Brookinseln im Süden der Altstadt, auf denen damals 16.000 Menschen lebten, komplett abzureißen und dort die neuen Freihafenspeicher zu konzentrieren. Die Speicherstadt entstand.

Zwei Wochen später reiste der Kaiser nach Hamburg, um den Zollanschluss mit einem feierlichen Akt an der Brooksbrücke – der sogenannten Schlusssteinsetzung – symbolisch zu besiegeln. Dieser Schlussstein war tatsächlich eine Gedenktafel, die in den westlichen der beiden Brückentürme eingefügt wurde. Hierfür wurde dem Kaiser zunächst eine Maurerkelle gereicht, mit der er etwas Mörtel auf die Tafel gab, die anschließend professionell vermauert wurde. Dann gab man ihm einen Hammer, mit dem er drei Schläge auf der Tafel ausführte.

Dieses Ritual wiederholte sich noch etliche Male: Zunächst erhielt Bismarck den Hammer, anschließend Moltke, der Feldherr aus dem deutsch-französischen Krieg 1870/71, dann der Erste Bürgermeister, der Reichstagspräsident, die Vertreter des Bundesrates, der Präsident der Bürgerschaft, der königlich-preußische Gesandte … Nach einer halben Stunde war dieses Ritual beendet, und die Festgäste stimmten noch die patriotische Hymne „Heil Dir im Siegerkranz“ an.

Kaiser Wilhelm II. vor der Gedenktafel am Tor der Brooksbrücke. Der Kaiser hat gerade den Polierhammer ergriffen, der ihm auf einem Kissen gereicht wurde.  Archiv Deutsches Zollmuseum
Kaiser Wilhelm II. vor der Gedenktafel am Tor der Brooksbrücke. Der Kaiser hat gerade den Polierhammer ergriffen, der ihm auf einem Kissen gereicht wurde.
Archiv Deutsches Zollmuseum

Die Maurerkelle und der Polierhammer, die dem Kaiser damals gereicht wurden, sind erhalten. Das waren selbstverständlich keine profanen Werkzeuge aus Stahl und Holz, sondern wertvolle Silberarbeiten mit Elfenbeingriffen. Sie blieben im Besitz der Stadt Hamburg und befinden sich heute im Ratssilberschatz im Hamburger Rathaus.

Wer an weiteren Informationen über den Zollanschluss 1888 und den Freihafen sowie den Bau der Speicherstadt und die Arbeit der Quartiersleute interessiert ist, sollte an der Führung „Speicherstadt – Tradition und Wandel“ teilnehmen. Termine: jeden Sonntag um 11 Uhr (ganzjährig) und jeden Samstag um 15 Uhr (April bis Oktober). Treffpunkt: im Museum. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

 

 

 

 

 

 

 

STIFTUNG HISTORISCHE MUSEEN HAMBURG

Speicherstadtmuseum

Außenstelle Museum der Arbeit

Am Sandtorkai 36 | 20457 Hamburg

Tel. 040 – 32 11 91 | Fax 040 – 32 13 50

info@speicherstadtmuseum.de | www.speicherstadtmuseum.de

 

ÖFFNUNGSZEITEN

1. April bis 31. Okober:

Mo. – Fr. 10 – 17 Uhr, Sa, So und Feiertage 10 -18 Uhr

 

1. November bis 31. März:

Di. – So. 10 –17 Uhr