Der Altonaer KammerchorEin historischer Weg neu entdeckt
Manche markanten Begriffe warten nicht darauf, entdeckt zu werden – sie drängen sich geradezu auf. Und wenn sie da sind, scheint es, als hätte es sie schon immer gegeben. Der Katharinenweg ist so ein Begriff. Er steht für die Idee eines Weges für Fußgänger und Radfahrer vom Hamburger Rathaus durch die Altstadt zur Hauptkirche St. Katharinen. Von dort geht es weiter durch die Speicherstadt und die HafenCity über die Elbe, hinweg durch Wilhelmsburg bis zur Harburger Schlossinsel – einer bescheidenen, aber realisierbaren Variante des politisch schon lange proklamierten „Sprungs über die Elbe“. Der Begriff entstand aus den Diskussionen der „Interessengemeinschaft Katharinenquartier“, die daran arbeitet, das Zusammenwachsen der Innenstadt und der Hafenquartiere zu fördern. Seitdem hat die Idee vom „Katharinenweg“ sich rasant verbreitet.
Der Autor erklärtIm Herbst 2008 lockte sie über 100 Personen zum Stadtrundgang mit dem Altonaer Kammerchor auf den ersten Teil des Weges vom Rathaus über St. Katharinen in die HafenCity. Im Frühjahr inszenierte Christine Radtka vom Thalia Theater den Katharinenweg mit Laiendarstellern und Profischauspielern auf der Bühne des „Nachtasyl“, der heutigen „Zentrale“ unter dem Dach des Thalia-Theaters. Und am 5. Juli 2009 ging es im Rahmen des Hamburger Architektursommers zu Fuß und per Fahrrad über die ganze Strecke: vom Rathaus durchs Katharinenquartier, Speicherstadt und Hafen-City an die Elbe, mit dem Schiff zum Hafenmuseum und von dort durch Wilhelmsburg bis zur Harburger Schlossinsel. Die Verbindung zum Harburger Schloss hat natürlich auch Geschichte: Im Jahre 1813 ließ der französiche Marschall Davoust einen Weg durch Wilhelmsburg als direkte Verbindung von Hamburg nach Harburg bauen. Er diente gegen Ende der napoleonischen Besetzung der schnellen Truppenbewegung und wurde im Süden und Norden durch Fähren über die Elbarme und Holzbrücken über sumpfige Priele ergänzt.
Das Publikum lauschtDiese Wegeverbindung ist als Brücke bis 1918 erhalten geblieben, dann jedoch wegen Baufälligkeit abgebrochen worden. Teile des damaligen Bauwerks stehen allerdings noch, so die gesamte Georg-Wilhelm-Straße. Die Initiative des Katharinenwegs zielt darauf, diese alte Wegeverbindung wieder zu entdecken und für Fußgänger sowie Fahrradfahrer zu erschließen. Über 70 Menschen zwischen 5 und 80 Jahren folgten der Einladung, diesen Weg beim Hamburger Architektursommer zu Fuß und per Fahrrad auszuprobieren. Unterwegs trafen die Teilnehmenden erneut auf den Altonaer Kammerchor, der sogar die Willy-Brandt-Straße zum Klingen brachte, und auf Darstellerinnen der Heiligen Katharina in dreifacher Ausführung und barocken Gewändern. Gemeinsam gingen sie daran, Gesten der Versöhnung mit den Bausünden der Hamburger Nachkriegsgeschichte – wie der Ost-West-Straße – zu inszenieren, welche Hamburg bis heute prägen. Zu den beeindruckendsten Stationen nördlich der Elbe gehörte der Gottesdienst in St. Katharinen, an dem die Katharinenwegs-Pilgergruppe als Stippvisite teilnahm und einen Reisesegen erhielt sowie die anschließende Querung der Elbe auf dem Traditions-Dampfschlepper Woltman.
Über Brücken ...Im Süden ging es mit Fahrrädern weiter zum Hafenmuseum im Aufbau und von dort unter ebenso kompetenter wie gewitzter Anleitung des Architekten Christian Kottmeier am Spreehafen entlang über die Ernst-August-Schleuse nach Wilhelmsburg. Im Westend, dem neuen Stadtteilcafé der Hamburger Stadtmission, wurde eine Pause mit Kaffee und Kuchen eingelegt. Danach führte der Weg vorbei an den „Interkulturellen Gärten“ am Vehringkanal, führte bis zur Harburger Elbbrücke und von dort über die Harburger Schleuse zur Schlossinsel und in die Harburger Kultur-Werkstatt.
und ErklärstationenWiederum gestärkt von Kaffee und Kuchen ging es dann wieder zurück durch Harburg und Wilhelmsburg, durch den Freihafen und über die Norderelbbrücken nach St. Katharinen. Den Abschluss bildete ein fröhliches Grillfest auf dem Katharinenkirchhof im Schatten des Kirchturms und mit Blick auf die Speicherstadt. Für alle Beteiligten war die Fahrt ein beeindruckendes Erlebnis, so dass die Teilnehmer den Wunsch äußerten, dass diese erste Katharinenwegs-Erkundung nicht die letzte gewesen sein dürfe. Und so soll es denn auch sein: das war erst der Anfang, der deutlich gezeigt hat: der Katharinenweg funktioniert, er ist kein künstliches Produkt, sondern ein historischer Pfad, der nur darauf wartet, wieder frei gelegt zu werden. Das Ziel ist also klar: im nächsten Jahr geht es weiter – und in fünf Jahren ist der Katharinenweg mit den dazugehörigen Fahrradwegen und Fährstrecken ein selbstverständlicher Teil Hamburgs, der in jedem Hamburger Reiseführer erwähnt werden muss, der etwas auf sich hält.
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