Drei Schwestern oder einfach nur drei Nachbarn ?

Bis auf den letzten Platz gefüllt - die Winterkirche in der Katharinenkirche
Bis auf den letzten Platz gefüllt - die Winterkirche in der Katharinenkirche
Podiumsdiskussion in der Katharinenkirche

Unter dem Thema "von den drei ungleichen Schwestern" fand am Monatg abend im Rahmen der Kreuwege 2008 eine Podiumsdiskussion mit potenten Vertretern der Altstadt, Speicherstadt und der HafenCity statt. Jürgen Bruns-Berentelg von der HafenCity Hamburg GmbH, Roland Lappin von der HHLA und Pastor Frank Engelbrecht wurden vom Moderator, dem Architekten Clemens Doerr auf den schwierigen Parcours der Fragestellung "Was verbindet die drei Quartiere" geschickt und konnten am Ende keine wirklich überzeugende Antwort liefern.

Hausherrin Ulrike Murmann schickte die Diskutanten mit Wunsch "und zum Schluß lebten sie glücklich bis an die Süderelbe" auf den Weg, den mehr als hundert Interessierte in der vollbelegten Winterkirche der Katharinenkirche begleiteten. Im Publikum saßen nur zu einem geringen Teil Einwohner aus der HafenCity, den größten Anteil stellten Funktionsträger aus Architektur und Stadtplanung, den Rest anderweitig Interessierte.

v.l.n.r. Jürgen Bruns-Berentelg, Clemens Doerr, Frank Engelbrecht und Roland Lappin
v.l.n.r. Jürgen Bruns-Berentelg, Clemens Doerr, Frank Engelbrecht und Roland Lappin
Zum Auftakt der Veranstaltung sollten die drei Teilnehmer jeweils die Quartiere charakterisieren, deren Vertretung sie übernommen hatten. Jürgen Bruns-Berentelg für die HafenCity beschrieb die HafenCity dann als die jüngste Schwester , "vom Ehrgeiz gepackt" und Frank Engelbrecht die Altstadt als "erwachendes Dornröschen", doch bei beiden mussten der Moderator eingreifen. Bruns-Berentelg blieb die Antwort auf die Frage des Moderators nach weiterreichenden Charakterisierungen als "ehrgeizig" schuldig und Frank Engelbrecht wollte die 750-jährige Geschichte als Charakterisierung
anführen, welches der Moderator aber auch nicht zuließ. Konkreter war da die Antwort von Roland Lappin für die Speicherstadt: "3000 Menschen arbeiten inzwischen in der Speicherstadt, deren Faszination aus den Gezeiten direkt zwischen den Gebäuden herrührt".

Auch auf die nächste Frage konnte keine gänzlich überzeugende Antwort gefunden werden. "Was verbindet die Quartiere konkret ?" forderte Moderator Doerr die drei Vertreter auf. Die tiefsinnigste und möglicherweise beste Antwort lieferte Frank Engelbrecht : "Geistige Linien gehen tief durch die Stadt und diese Quartiere", während HHLA-Vorstand Lappin bisher wenig wirklich verbindendes feststellen konnte, da er die HafenCity bisher mehr über die Baustellen und Bauunternehmen wahrgenommen hat, "aber das ändere sich ja jetzt Stück für Stück".

Auch nach Ende der Veranstaltung geht die Diksussion weiter
Auch nach Ende der Veranstaltung geht die Diksussion weiter
"Welche Bausteine fehlen den Quartiern und woher sollen sie kommen ?" fragte der Architekt Doerr und Frank Engelbrecht forderte ein besseres Wegekonzept aus der Innenstadt über das Katharinenviertel und der Speicherstadt zur HafenCity. Jürgen Bruns-Berentelg wiederum machte sich mehr Gedanken darüber welche Bausteine die HafenCity den angrenzenden Quartieren liefern könne und welche Chancen die Entwicklung der HafenCity dort biete und Vorstand Lappin fand "mit der Sandwichrolle kommen wir ganz gut klar" und fordere ebenfalls ein überzeugenderes Wegekonzept. Eine überzeugende Planung der Anbindung der drei Quartiere an die Innenstadt ist dann auch scheinbar das einzig wirklich Einigende der drei Schwestern, die nach dieser Diskussion eher Stiefschwestern zu sein scheinen. Schade eigentlich, da doch die Realität eigentlich ganz anders ist und dem Prozeß der Annäherung einfach Zeit gegeben werden muss. Die Zukunft wird zeigen, das sich da, wo es Sinn macht auch ganz automatisch Schwesternbande entstehen werden.

Zum Abschluß wurde dann das Publikum gebeten Fragen zu stellen. In einem derart heterogenen Publikum und dem Thema HafenCity immer ein gefährliches Unterfangen, kommen doch unwillkürlich immer dieselben Fragen bei diesen Anlässen auf: "Wieso wird keine Stadtbahn/Hochbahn/Seilbahn gebaut ?" und wie "wird aus der HafenCity ein familienfreundlicher und lebenswerter Stadtteil ?". So auch hier. Kenner können die Antworten auf diese Fragen im Schlaf vorbeten, Einwohner fragen sich ob es "irgendwo da draussen noch einen anderen Stadtteil namens HafenCity gibt". Interessanter waren dann schon die Fragen nach der Wohnbevölkerung der Altstadt, die Frank Engelbrecht mit ungefähr 1800 Einwohner beantwortete. Bedeutet diese Antwort doch, dass es nur noch wenige Monate dauern wird und die HafenCity hat eine grössere Wohnbevölkerung als die Altstadt.

Ebenfalls anwesend - Kultursenatorin Karin von Welck - hier im Gespräch mit Roland Lappin
Ebenfalls anwesend - Kultursenatorin Karin von Welck - hier im Gespräch mit Roland Lappin
Ein ebenfalls altes Thema, hier jedoch immer noch aktuell ist die Ost-West- beziehungsweise Willy-Brandt-Strasse in ihre Eigenschaft als Haupttrennlinie zwischen Innenstadt und Hafenrand. Jürgen Bruns-Berentelg führte als wenig hoffnungmachendes Beispiel einer Lösung die Untertunnelung einer Strasse in Boston an, bei der das gesamte Projekt rund 16 Milliarden Dollar gekostet habe. Mit nicht ganz soviel, aber durchaus hohen Kosten, müsse man auch bei einer ähnlichen Lösung für die Willy-Brandt-Strasse rechnen. Da würde eine vernünftige Hafenquerspange mehr Wirkung haben und die Willy-Brandt-Strasse so entlasten, dass über andere Lösungen zur Überquerung nachgedacht werden könne.

Eine nicht ganz uninteressante Information barg dann die Antwort von Roland Lappin auf die Publikumsfrage ob denn jetzt "die ganzen Teppichhändler vertrieben werden würden ?". Die HHLA spielt anscheinend mit dem Gedanken, Wohnen in der Speicherstadt zu ermöglichen. Zu diesem Zweck soll der schon in älteren Planungen vorhandene Gedanke mit dem Bau von Sperrwerken an der Kehrwiederspitze, am Magdeburger Hafen und dem Oberhafen die Speicherstadt hochwassersicher zu machen, in die Realität umgesetzt werden. Ein teueres Vergnügen für ein paar Wohneinheiten und bei den Planungen an der Kehrwiederspitze auch sicherlich ein Ansinnen, welches mit einer Reihe von anderen Projekten kollidiert.

Clemens Doerr schickte dann das Publikum mit Worten von Karl Popper nach Hause: "Wir sind jetzt verantwortlich was in der Zukunft passiert"