Hamburg Wahl 2011: Andy Grote

Andy Grote ( 42 Jahre alt) ist selbständiger Rechtsanwalt und Partner in einer Kanzlei. Dort ist er u.a. im Bereich des  öffentlichen Baurechts tätig. Er wohnt seit Jahren auf St. Pauli und ist Wahlkreiskandidat der SPD im Wahlkreis 1.
Der frühere Fraktionsvorsitzender der SPD in der Bezirksversammlung Hamburg Mitte ist seit 2008 Mitglied der Bürgerschaft und dort Fachsprecher für Stadtentwicklung. Als Herzensangelegenheit bezeichnet er sein Engagement für Live Musikclubs.
Er ist ein Kenner der Themen im Wahlkreis und hat an vielen Entwicklungen mitgewirkt. Er legt Wert darauf im Gespräch, die Ansichten seiner Gesprächspartner zu erfragen.

HCZ: Herr Grote, als Fachsprecher für Stadtentwicklung beschäftigen Sie sich mit Wohnungsbau, Grünflächen sowie mit Verkehrswegen und –mittel. Wo sehen Sie Handlungsbedarf und welche Lösungsvorschläge haben Sie?

AG:  Ich sehe grossen Handlungsbedarf. Seit 2001 haben die CDU-geführten Senate kaum etwas  für den Wohnungsbau in der Stadt getan. Die Folge ist, dass wir in Hamburg nicht ausreichend Wohnraum haben, der auch bezahlbar ist. SAGA/GWG (das städtische Wohnungsbauunternehmen) hat zuletzt jährlich 100 Mio. EUR in den Haushalt eingebracht. Deren Auftrag ist aber Wohnraum für Ihre Mieter zur Verfügung zu stellen. Diesem Auftrag konnte sie nicht ausreichend nachkommen. Es müssen jährlich mindestens 6.000 Wohnungen gebaut werden, damit wir die Versäumnisse  aufholen können. Auf Bundesebene verfügen wir über sehr gute energetische Baustandards. Ich bezweifle, dass die zusätzlichen Anforderungen, die Bauherren in Hamburg erfüllen müssen und die Neubauten erheblich teurer machen, sinnvoll sind. Besser wäre es, das Geld in die schlechten Altbauten der 50er und 60er-Jahre zu investieren und dort zu modernisieren. Das würde den Mietern echte Einsparungen bei den Nebenkosten bringen und die Umwelt entlasten. Bisher wurde darauf geachtet, wie die Außensicht auf Hamburg ist. Wir werden darauf gucken, wie die Hamburger ihre Stadt sehen und was in den Stadtteilen fehlt. Hamburg muss wieder funktionieren und wir müssen vor Ort mit den Bürgern sprechen.

HCZ: Und die fehlende Verkehrsplanung in der Innenstadt?

AG: Tatsächlich fehlen viele Planungsgrundlagen. Mit Ausnahme des Masterplans HafenCity, der auch fortgeschrieben wurde, gibt es in Hamburg keine grundlegenden Verkehrskonzepte. Wir haben frühzeitig und wiederholt ein Verkehrskonzept für die Elbphilharmonie gefordert. Wir haben ein vernünftiges Radwegkonzept für die HafenCity angemahnt. Stets erhielten wir „schwammige“ Antworten. Jetzt sind viele Tatsachen geschaffen worden, die nicht rückgängig gemacht werden können. Wir wollen den Öffentlichen Nahverkehr weiter stärken. Allerdings können wir uns z. Zt. keine weiteren teuren Projekte leisten. Es fließt viel Geld in den Bau der U 4. Als wir uns in den 90er-Jahren für den Bau einer Stadtbahn ausgesprochen haben, waren die Umstände und die bevorzugte Trassenführung noch andere. Es ist nicht zielführend ein Großprojekt gegen den Willen einer großen Mehrheit in dieser Stadt durchzusetzen. Der Anspruch der Bürger beteiligt zu werden, ist erheblich gestiegen. Aus schlechten Erfahrungen ist auch Misstrauen gegenüber der Politik entstanden. Wir müssen gemeinsam Wege finden. Nur so geht es!

HCZ: Herr Grote, wie wollen Sie die Änderungen finanzieren und die notwendigen Einsparungen umsetzen?

AG: In den letzten Jahren wurden 2.000 Mitarbeiter zusätzlich in den Fachbehörden eingestellt. Dagegen wurden in den Bezirken, die sich vor Ort um die Belange der Bürger kümmern, die Mittel gekürzt. Es gibt Behörden, die sieben Pressesprecher haben. Hier sind die Einsparungspotenziale offensichtlich. Viele unserer Einsparungsvorschläge haben mit Effizienzsteigerung zu tun. Z.B. wollen wir das städtische  Gebäudemanagement professioneller aufstellen: gibt eine Behörde Bau- oder Sanierungsbedarf an, so werden die Kosten der Maßnahme dem Budget dieser Behörde belastet. So wollen wir erreichen, dass nur durchdachte und erforderliche Maßnahmen beantragt werden. Die Kostenexplosion bei der Elbphilharmonie ist auch darauf zurück zu führen, dass die Planungen und Kalkulationen nicht gut genug verhandelt und kontrolliert wurden. Die REGE hat dazu gelernt, ist professioneller geworden. Aus den Fehlern muss man lernen. Warum also nicht eine Stelle einrichten, die künftig kompetent Großprojekte begleitet?