Tagebuch eines Gefangenen

Jimmy träumt von einer Katzenstadt (Grafik: Maria Knuth)
Jimmy träumt von einer Katzenstadt (Grafik: Maria Knuth)
Mein Leben in der HafenCity von Jimmy F.

Was bisher geschah: Jimmy, ein leicht übergewichtiger schwarzer Kater wohnt mit seiner MaMa (Abkürzung für: Mach endlich mal den Futternapf voll!) in der HafenCity. Nach gründlicher Überlegung kam er zu dem Ergebnis, dass seine Gefängniswärterin ihn wohl nicht mehr freilassen wird. Er beschließt, sein Leben in die eigene Pfote zu nehmen.

Kennen Sie das auch? Sie sind kein kleines Kätzchen mehr, stets versuchen Sie alles recht zu machen, und trotzdem nörgelt ständig einer mit Ihnen! Jimmy, trink nicht aus der Blumenvase (Upps! Bin ausgerutscht, und die Rosen liegen auf dem Boden, schnell weg hier.), oder Jimmy, du darfst keine Plastiktüten fressen (Wieso denn das nicht? Die sind doch lecker!), Jimmy, kratz nicht an den teuren Lederstühlen (Was sind Stühle? Das sind doch MEINE Kratzbäume!). Ich mag nicht mehr! MaMA glaubt, dass ich auf meiner Decke liege und harmlos schnurre! Tatsächlich plane ich meine Flucht! (Anm. der Red: Schreck! Wenn das mal gut geht …). Ich weiß ja, wie es geht, denn die kleinen Alaskan Malamutes aus dem Hundekindergarten in unserer Straße haben es mir verraten. „Lächele und sei lieb zu Fremden, und ab und zu musst Du fröhlich in die Höhe springen“, erzählten mir die Jungs und Mädels, „dann holen Dich nette Leute ab und bringen Dich in ein Haus mit Garten und mit vielen Knochen.“ Seit drei Tagen sitze ich nun hinter der Wohnungstür, ich lächle, ich springe in die Höhe und ich bin bereit, viele Knochen gegen viele Mäuse zu tauschen, aber es kommt keiner vorbei.

 

Also ab auf die Couch – ein neuer Fluchtplan muss her. Hier muss es doch unendlich viele Katzen geben. Ich höre doch oft von MaMas Bekannten, Freunden und Nachbarn: „Ich melde mich, sobald mein Kater weg ist“ oder „Ich kann heute nicht kommen, ich habe einen Kater“ und auch „War jetzt das gesamte Wochenende zu Hause wegen meines Katers“. Die müssen doch alle hier wohnen, oder? (Anm. der Redaktion: Jimmy, lies mal im Synonym-Wörterbuch unter Katzenjammer nach.). Eigentlich kenne ich bisher nur Toni und Richie, die schräg gegenüber wohnen und mir ab und zu mit Futter aushelfen. Die anderen sind wohl immer nur nachts unterwegs. Und plötzlich trifft mich die Erkenntnis, es gibt eine Stadt der Katzen, hier in der HafenCity. Ich habe die Bilder gesehen, die MaMa davon gemacht hat. So viele schöne Katzenhäuser mitten im Grünen habe ich noch nie gesehen, ich bin bereit, sofort einen Mietvertrag zu unterschreiben und muss nur noch die Kaution ansparen. Jetzt endlich steht der Plan: Ich kontaktiere meinen Herausgeber und versuche bei ihm ein Honorar zu verhandeln. Eine Salamistange im Monat sollte das ganze Tippen schon wert sein. Sobald ich genügend Salamistangen habe, packe ich meinen Koffer, steige in den Fahrstuhl und bin weg … (Anm. der Red.: Und wie willst Du den Etagenknopf drücken?)  Jetzt kann ich mich auf meine Decke legen und darüber nachdenken, was ich in meinen Koffer packen werde … schnurr. (JF)