Tagebuch eines Gefangenen

„Mein Leben in der HafenCity.“ Von Jimmy F.

Was bisher geschah: Jimmy hat Geldsorgen, denn die Kosten für seinen exklusiven Lebensstil übersteigen seine Einnahmen – zur Erinnerung: Er bekommt als Honorar monatlich zwei Salamistangen – um ein Vielfaches. MaMa (Abk. für Mach Mal ein bisschen Bargeld in meinen Spartopf rein) ist ihm auf der Spur; sie vermisst einige ihrer Handtaschen …

Mein Flohmarktstand war ein Reinfall. Nachdem ich mühsam und heimlich mit einer Schubkarre mein Warensortiment (unter anderem Schuhe und Handtaschen von MaMa) auf den Ponton des Traditionsschiffhafens transportiert und meinen Stand direkt neben dem Fischbrötchenverkäufer aufgebaut hatte, fing es an zu regnen. Klug wie ich bin, stieg ich in eine von MaMas Handtaschen und zog den Reißverschluss zu. Wow, war das kuschelig und trocken. Es war so gemütlich, dass ich aus Versehen einschlief und erst Stunden später vom Geruch der frischen Lachsbrötchen wach wurde. Oh Schreck, jetzt musste ich mich mit dem Geldverdienen beeilen. Leider hatten die Besucher des Flohmarktes kein Verständnis für meine Geldnot. Sie weigerten sich, für die schönen Reisebücher pro Stück 1.000 Euro zu zahlen, und auch als ich ihnen erklärte, dass ich – der weltberühmte literarische Kater – diese persönlich angeknabbert habe, wünschten sie mir nur noch viel Erfolg und gingen lachend weg. Die Frau vom Nachbarstand erklärte mir, dass das Prinzip bei einem Flohmarkt sei, dass man möglichst wenig wieder mit nach Hause nimmt. Dankbar für diesen Hinweis richtete ich eine Ein-Euro-Kiste ein, warf MaMas Designerhandtaschen hinein und hatte ganz schnell 7 Euro und einen Einkaufswagenchip in dem Hut, den ich als Kasse aufgestellt hatte.

Da ist guter Rat teuer (Illustration: Maria Knuth)

Mein Erfolg minimierte sich durch den Kauf eines Lachsbrötchens. Jetzt war ich satt, aber noch nicht reich, und obendrein musste ich den Rest noch zurück nach Hause schleppen. Eine plötzliche Windböe löste dieses Problem für mich: Mein Flohmarktstand landete im Hafenbecken und sank unter meiner Aufsicht auf den Grund. Ich hatte es also geschafft! Mit leeren Händen und einem vollen Hut konnte ich also noch zum Treffpunkt der Queens gehen, die beiden Schornsteine konnte ich schon von Weitem sehen. Die Reederei, bei der ich meinen Urlaub gebucht habe, schickte mir eine Mail: Ich könne mir beide Schiffe anschauen, bevor ich mich entscheide, ob ich mit der Queen Mary oder mit ihrer jüngeren Schwester, der Queen Elizabeth, in See stechen will. Leider haben sie mir verschwiegen, dass sie weiteren hunderttausend Menschen dieselbe Mail geschickt haben. Der Weg zum Kai war die Hölle. Vor, hinter und über mir trampelnde Füße von rücksichtslosen Menschen, die nicht ahnten, dass sie einen der berühmtesten Kater der Welt in Lebensgefahr brachten. Also brach ich meine Audienz bei den Queens ab, lief schnell nach Hause und rettete mich dort in MaMas verbliebene teure Handtasche. Keine Minute zu spät, denn draußen brach der Himmel über die Menschen zusammen. Bunte Sterne fielen vom Himmel, es knallte und blitzte, und die Menschen schrien. Erst am nächsten Tag erfuhr ich, dass das Getöse „Feuerwerk“ heißt und MaMa (Abk. für Mach Mal nicht so’n Gesicht) mir eine Woche Stubenarrest gegeben hat … (JF)