Über die Suche nach der eigenen Welt 

Buchtipp

 

 „Auf der Auktion kaufte er für sehr wenig Geld noch eine Insel. Sie bestand nur aus wenigen Morgen  Felsen, oben im Norden am äußersten Rand der Inselgruppe. Sie war flach und erhob sich kaum aus dem großen Ozean. Kein Gebäude gab es auf ihr, nicht mal einen einzigen Baum. Nur Salzwiesen, einen Teich aus Regenasser, einige Büschel Riedgras, Felsen und Seevögel. Weiter nichts.“

 Drei Jahre vor seinem Tod befasst sich D. H. Lawrence mit dem Thema der Abkehr.

 Ein Mann zieht auf eine Insel. Er möchte in seiner eigenen Welt leben, einer Welt, die zeitlos ist. Mit ihm ziehen eine Handvoll Menschen: eine Haushälterin, ein Butler, ein Verwalter, zwei Knechte, ein Zimmermann und seine Frau, ein Maurer mit seiner Familie und einige Rinder. Ein Skipper mit seiner Familie ist für die kleine Yacht zuständig, mit dem er auf das Festland fährt. Der Mann beschäftigt sich mit der Vegetation der Insel, bestimmt Blumen und verbringt viel Zeit in seiner Bibliothek. Doch nicht nur die Schulden, die die Insel macht, lassen ihn zweifeln, auch die anderen Inselbewohner machen Schwierigkeiten und fangen an, sich zu hassen. Der Mann beschließt, auf eine kleinere Insel zu ziehen: „Das Meer und die Gischt, der Wind und das Wetter hatten sie (die Geister der Toten) fortgespült, hatten sie fortgeweht, sodass nur das Tönen der See selbst noch zu hören war, ihre eigene Seele, die den ganzen Winter über erzählte, raunte, klagte, in allen Stimmen der Tiefe.“  Doch auch auf der zweiten Insel wird er nicht glücklich und beschließt, auf eine noch kleinere Insel zu ziehen, und zwar allein: „Und am liebsten war es ihm, wenn absolute Stille herrschte.“

 

Findet der Mann hier sein Glück und seine Freiheit?

 

„Der Mann, der Inseln liebte“ erschien im englischen Original erstmals 1927. Der Autor und Übersetzer Benjamin Lebert hat die Geschichte neu übersetzt und das Vorwort geschrieben.

 

Das Buch ist aktueller denn je: In einer Zeit, in der der Mensch immer gläserner wird und sich auf verschiedensten Plattformen mitteilt und sich selbst inszeniert, stellt sich die Frage: Was ist wertvoller die Zurschaustellung des (vermeintlichen) Glücks oder das Glück selbst?  Und, so Lebert, „eine echte Berührung mit der Welt hat fast schon etwas sonderbar Abstraktes“.

 

Lädt zum Innehalten und zur Selbstreflektion ein.            AF

  1. H. Lawrence: „Der Mann, der Inseln liebte“ | im August 2015 erschienen | Hoffmann und Campe | gebunden | 80 Seiten | 15 Euro