Über sieben Brücken musst du gehen

Zwei Problemfälle auf einem Bild

Unfruchtbare Diskussionen über das Unabwendbare – Hamburg quält sich

Es sind zwar keine sieben Brücken wie im Lied von Karat, über die der spätere Konzertbesucher der Elbphilharmonie vom Baumwall kommend gehen muss, es sind nur drei, aber eine davon wird immer eine besondere Bedeutung als Nadelöhr haben. Die Klappbrücke über den Sandtorhafen, in den 80er Jahren als Provisorium für den Zugang zur damaligen Zollabfertigung gedacht, macht den Planern, den Politikern, der Öffentlichkeit, den Traditionsschiffern und der Nachbarschaft ordentlich Kopfzerbrechen. Viel Ärgerpotenzial für eine kleine Brücke, dabei sind noch nicht einmal die Streitigkeiten um die Namensgebung berücksichtigt. Deren neuer und hoffentlich temporärer Namenspate hätte wahrscheinlich seinen Spaß an der verzwickten Situation. Doch was ist eigentlich das Problem, und was sind die Fakten? Fakt ist, dass zu irgendeinem Zeitpunkt X die Brücke ausgehängt werden muss und auf Elbphilharmonie-Seite um 1,5 Meter erhöht wieder eingehängt wird – eine Folge der höheren Straßenebene auf dem Dalmannkai und damit der Platz der deutschen Einheit nicht zu einer Berg- und Talfahrt wird. Der Zeitpunkt ist deswegen noch nicht klar, weil die Brücke noch für die Anlieferung der Philharmonie-Ausstattung zur Verfügung stehen muss – andernfalls müssten mehrere hundert Lkw durch den Dalmannkai fahren, abladen und dort wenden und wieder zurückkehren. Wenn man gewusst hätte, dass die Bauarbeiten an der Elbphilharmonie ein Jahr aussetzen, hätte man das Thema dieses Jahr schon abhandeln können, aber das hätte zwei Dinge vorausgesetzt: zum einen das Wissen um die lange Verhandlungsdauer und zum anderen überhaupt einen Plan, was man wirklich an dieser Stelle braucht.

Kleine Hafen, kleine Brücke – große Wellen

Glaubt man einem der Konstrukteure der Klappbrücke, ist diese eine grundsolide Konstruktion, der nur ein vernünftiger Motor verwehrt wurde. Glaubt man den Gutachten der Argus, die Firma die der Senat mit der Beurteilung der Situation beauftragt hat, reicht die Brücke in ihrem Profil für die rund 3.000 Konzertbesucher pro Tag aus. Dieselben Gutachter besserten später nach Kritik ihr Gutachten noch nach und machten den Vorschlag einer zweiten Fußgängerklappbrücke, falls es doch zu Kapazitätsengpässen kommen sollte. Nachdenklichere Zeitgenossen und Kenner der Situation sowie der Hamburger Tourismusverband bezweifeln aber die Tauglichkeit der Brücke für die wahren Besucherströme, die das Bauwerk auf dem Kaispeicher A anziehen wird. Grundkritikpunkt ist die Menge an Besuchern, die täglich auf dem Platz der deutschen Einheit erwartet werden. Neben dem reinen Konzertbetrieb gibt es eine Reihe von weiteren Attraktoren für Menschen an dieser Stelle. Die öffentliche Plaza in über 30 Metern Höhe wird sicherlich ein Vielfaches der Menschen anziehen, die die Konzertsäle anziehen. Die Schätzungen reichen bis hin zu fast unglaublichen Zahlen von weit über 20.000 Menschen täglich – in Spitzenzeiten hält der Tourismusverband über 100.000 Menschen für möglich. Daneben gibt es das Hotel, den Platz der deutschen Einheit, der demnächst möglicherweise sogar einen Abschnitt der Berliner Mauer beherbergt, den Fähranleger und die Konzertsäle selbst. Die Befürworter einer neuen Brückenlösung machen sich zu Recht über die Situation und Sicherheit an solchen Tagen Sorgen, selbst die Feuerwehr hat inzwischen Kopfschmerzen bei der derzeitigen Lösung. Die beste Alternative an dieser Stelle wäre eine feststehende ordentlich breite Brücke, da sind sich alle einig. Doch das geht nicht, da ansonsten die Investitionen für den Traditionsschiffhafen abgeschrieben werden müssten, dessen Schiffe auf die Brückenöffnungen angewiesen sind. Also bewusst das Chaos erwarten und die alte Brücke benutzen? Kritiker befürchten ernsthafte Schäden am Ruf Hamburgs, wenn neben dem Problemkind Elbphilharmonie gleich nach dessen Fertigstellung die nächste Imagebaustelle aufgemacht wird, und fordern eine vernünftige Lösung – sprich eine neue Klappbrücke –, da nach Aussagen der Gutachter die alte nicht verbreitert werden kann. Unstrittig ist dabei die Bauzeit für alle Lösungen: Rund ein Jahr wird die Spitze des Dalmannkais vom Sandtorkai abgeschnitten sein und damit kommen wir wieder zu Karat zurück: „Sieben dunkle Jahre überstehen …“ – fast prophetisch passend für die Elbphilharmonie. (MK)