Unberechenbarkeit – auf der Straße und im Saal

Editorial

Das zweite Jahrhundertereignis innerhalb eines Jahres – nach der Eröffnung der Elbphilharmonie – , das die Hamburger in ihrer Stadt miterleben dürfen oder je nach Empfindungslage, miterleben müssen. Im Fokus beider Seiten steht dabei die Frage nach den persönlichen Einschränkungen, die der Gipfel wegen der Sicherheitsmaßnahmen mit sich bringt. Sind sie für einige nur auf das unmittelbare Umfeld bezogen, fühlen sich andere in ihren Grundrechten eingeschränkt. Doch zwei Tage Behinderungen bei der Bewegungsfreiheit machen aus Hamburg keinen Polizeistaat. Dass die Sicherheitsmaßnahmen notwendig sind, bezweifeln höchstens komplette Idealisten, dass sie aber auch zum Teil notwendig sind wegen ihrer größten Kritiker, sieht gerade diese Gruppe ungern. Hamburg hat eine lange Geschichte unnötiger Eskalationen der autonomen Szene im Gepäck und nahezu jeder kennt die teils bürgerkriegsähnlichen Szenen aus der Schanze, wenn sich angestaute Aggression gegen Sachen und Polizei richten.

Genau diese Szene krakeelt jetzt am lautesten wegen der vermeintlichen Einschränkung ihrer Grundrechte und man denkt bei sich: „Hey, erwartet ihr wirklich dass die Stadt euch machen lässt wie ihr wollt?“ Es gibt kein irgendwie geartetes Grundrecht auf Krawall und nur weil sich in Hamburg die politischen Führer dieser Erde treffen, gibt es auch keinen Grund und schon gar keinen Rechtsanspruch wieder auf alles mögliche einzuschlagen, oder wie geschehen, Anschläge auf die Bahn zu verüben. In anderen Teilen der Welt stößt man bei Erklärungsversuchen für ein solches Verhalten auf komplettes Unverständnis und gewinnt den Eindruck, dass die autonome Szene nicht nur in Hamburg in einer komplett weltfremden Fantasiewelt lebt. Bleibt zu hoffen, dass das G20-Wochenende friedlich bleibt und Hamburg sich der Welt so hanseatisch präsentieren kann, wie es dem Selbstbild der Mehrheit der Hamburger entspricht – und das Bild nicht von einer gewaltbereiten Minderheit bestimmt wird.

 

Viel Vergnügen beim Lesen!

Ihr Michael Baden