Viel Lärm um nichts – Wohnen am Hafen

Kolumne

Jörg Munzinger schreibt in seiner Kolumne „#urbnhafencity“ über seine Eindrücke und Beobachtungen in der HafenCity. Seine Leidenschaft sind Immobilien, Architektur und Städtebau. Er wohnt in der HafenCity.

„Eines Tages wird der Mensch den Lärm ebenso unerbittlich bekämpfen müssen, wie die Cholera und die Pest“, schrieb Robert Koch im Jahre 1910.

Auch wenn manche zur HafenCity meinen „zu wenig Grün, zu viel Lärm“ ist sie doch eins der herausragenden Beispiele, wie sich urbane Dichte, lebendige Nutzungsmischung und attraktives Wohnen auf engstem Raum vereinen lässt.

Dabei hätte es so etwas wie Wohnen in der HafenCity nach deutschem Planrecht gar nicht geben dürfen. Denn danach hätten Wohnnutzungen wegen der Lärmemissionen des gegenüberliegenden Hafens nicht genehmigt werden dürfen.

Für den Hafenlärm ist ein Lärmpegel von 55 Dezibel zulässig, während in Wohngebieten ein Lärmpegel nachts von nur 35 – 40 Dezibel erlaubt ist. Aber wie ist es den Planern der HafenCity gelungen, dass trotz Hafenlärm, Kreuzfahrtschiffen und Touristentrubel attraktives Wohnen am Hafen möglich ist?

Möglich wurde dies durch einen intelligenten Städtebau. Bürogebäude schirmen als eine Art Lärmschutzmauer Wohngebäude vom Lärm ab. Geschlossene Baublöcke und die Anordnung von Schlafräumen zur ruhigen Hofseite sollen den Lärm reduzieren.

Mit dem Ziel, die Bewohner der HafenCity nachts auch bei gekipptem Fenster nicht mehr als 30 Dezibel in den Wohnungen auszusetzten, wurde das „HafenCity-Fenster“ entwickelt. Herausgekommen ist dabei eine Konstruktion, die in erster Linie Rechtssicherheit für Planungsbehörden bietet und erst in zweiter Linie einen praktischen Nutzen für die Bewohner hat.

Beim „HafenCity-Fenster“ soll durch schallabsorbierende Flächen in Verbindung mit Öffnungsbegrenzungen nachts Lärm im Raum auf unter 30 Dezibel reduziert werden. Dies funktioniert zum Beispiel durch die Konstruktion mit zwei hintereinander liegenden Fenstern.  Während beim äußeren Fenster ein kleiner Flügel oben auf Kipp gestellt wird, geschieht dies beim innen liegenden Rahmen auf der unteren Seite. Im Ergebnis soll Frischluft zirkulieren können, der Lärm jedoch größtenteils draußen bleiben.

Klingt nicht nur kompliziert, sondern ist es auch. Das was hier Juristen und Planer entwickelt haben, hat eher einen theoretischen Wirkungsgrad. Denn das Wohnen wird erst attraktiv, wenn ich ein Fenster in ganzer Breite, zu einem ruhigen, begrünten Innenhof öffnen kann. Hier ist nicht Hafenlärm zu hören, sondern das Kreischen der jungen Möwen  – das nennt sich dann Wohnen am Hafen.

 

BU: Hafenlärm (Foto: Munzinger)