Wohin steuern Russland und die Russisch-Orthodoxe Kirche?

Vladimir Khoulap im Gespräch
Vladimir Khoulap im Gespräch
Gespräch am Tag der Menschenrechte in der Ökumenischen Kapelle in der HafenCity mit Dr. Vladimir Khoulap 

Zwischen den Kirchen der Reformation und der Russisch-Orthodoxen Kirche gibt es mehr als ein heißes Eisen. Dazu gehört neben der Frage, ob Frauen geistliche Ämter übernehmen können nach Meinung einiger auch die Rolle der Menschenrechte. Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen hat deshalb zum Tag der Menschenrechte zu einem Gespräch darüber in die Ökumenische Kapelle in die HafenCity eingeladen. Als Gesprächspartner war Priester Dr. Vladimir Khoulap, stellvertretender Direktor der Geistlichen Akademie St. Petersburg, nach Hamburg gekommen. An dem Abend wurde zunächst deutlich, wie wenig wir vom Lebensgefühl der Menschen in Russland in den Jahren nach der Wende und nach 70 Jahren Sowjet-Kommunismus wissen. Wir sind uns oft nicht bewusst, auf welche sozialen Missstände die Erklärung der Russisch-Orthodoxen Kirche zu den Menschenrechten reagiert. In uns ungewohnter Weise betont sie neben den Rechten des Menschen auch seine Verantwortlichkeit für die Gestaltung des Zusammenlebens.

Der Gast aus Petersburg beschönigte nichts und hat manche sicher mit seinen (selbst-)kritischen Ansichten überrascht. Dass er die medialen Inszenierungen der guten Beziehungen von politischen und kirchlichen Verantwortungsträgern eher für Teil eines „byzantinischen“ Schauspiels denn für einen realistischen Ausdruck des Verhältnisses von Staat und Kirche hält, war so für manche sicher eine ungewohnte Sicht der Dinge. Denn, so Dr. Khoulap,  wenn die Russisch-Orthodoxe Kirche Verantwortung durch soziales Engagement übernehmen wolle etwa in Behinderten- oder Pflegeheimen, hat sie dabei wie andere NGO´s (Nichtregierungsorganisation) auch mit erheblichen Problemen zu kämpfen. In Russland gibt es nach wie vor keine Zivilgesellschaft und der Staat ist kaum bereit, mit anderen Gruppen zu kooperieren, da er sie als Bedrohung seines Machtmonopols empfindet.

 

Es war ein nachdenklicher Abend, der an einem keinen Zweifel gelassen hat: Die Menschenrechtsfrage ist für Kirchen von elementarer Bedeutung.  Allerdings stehen wir angesichts der Situation unserer Länder vor unterschiedlichen Herausforderungen. Dazu gehört nach Dr. Khoulap in Russland, dass der Staat an der Gestaltung des sozialen Miteinanders auch die Kirchen endlich beteiligen muss. Er sprach sich in diesem Zusammenhang auch für die Existenz einer russischsprachigen lutherischen Kirche im Land und damit für eine vielfältige ökumenische Szene aus.
Hoffentlich wird es öfter derartige Gelegenheiten geben,  mit Menschen aus Osteuropa ins Gespräch zu kommen. Gerade zwischen der Russisch-Orthodoxen Kirche und den Kirchen des Westens brauchen wir diese Möglichkeit miteinander statt übereinander zu reden. In Hamburg gibt es dafür eine lange Tradition auch und gerade durch die Beteiligung einer Bischöfin!