Der Knackpunkt

Das Verkehrskonzept für die Elbphilharmonie aus Sicht von Anwohnern des Stadtteils

„Der Geburtsfehler lässt sich nicht mehr heilen“, darin sind sich Thomas Magold, Karl-Heinz Ehlers und Professor Dr. Jörn Axel Kämmerer einig. Der Bau einer U-Bahnstation Elbphilharmonie wäre aus ihrer Sicht eine Lösung für alle Verkehrsprobleme rund um das Konzerthaus gewesen, das an drei Seiten von Wasser umgeben und nur über eine Brücke und eine Wohnstraße zu erreichen ist. Eine vertane Chance der Planer und der verantwortlichen Politiker bereitet den Nachbarn der Elbphilharmonie große Sorgen.

 

Karl-Heinz Ehlers, Thomas Magold und Professor Dr. Jörn Axel Kämmerer
Karl-Heinz Ehlers, Thomas Magold und Professor Dr. Jörn Axel Kämmerer

Die drei Anwohner des Kaiserkais und zwei weitere Mitstreiter haben in Abstimmung mit dem Netzwerk HafenCity e. V. die Gespräche mit den Verantwortlichen bei der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) geführt. Das Ziel ihrer Verhandlungen: ein verträgliches Verkehrskonzept, das die Anwohner des Kaiserkais vor einer unzumutbaren Belastung durch Durchfahrts- und Parksuchverkehr schützt.

 

Lange fühlten sich die Anwohner am Kaiserkai sicher: Der Neubau der breiteren Brücke über den Sandtorhafen, über die Taxis und Shuttle-Busse die Konzertbesucher direkt vor den Eingang fahren sollten, und die geplante technische Sperrung der Straße Am Kaiserkai, die eine Durchfahrt vor, während und nach den Konzerten verhindern sollte, schienen geeignete Maßnahmen zu sein. Während der Bau der Brücke bekanntlich realisiert worden ist, erfuhren die Bewohner bei einer Veranstaltung der HafenCity Hamburg GmbH im November des letzten Jahres, dass die Feuerwehr aus Sicherheitsgründen eine technische Sperrung ablehne. Stattdessen sollten Sperrschilder und Hinweise auf fehlende Wendemöglichkeiten an den Eingängen zur Straße die Besucher des Konzerthauses davon abhalten, durch den Kaiserkai zu fahren oder hier nach Parkplätzen zu suchen. Und obendrein, so erfuhr die Arbeitsgruppe später, sei ein Taxistand in ihrer Wohnstraße vorgesehen.

 

Schon der Zugang über den Baumwall zur Elbphilharmonie wird kritisch
Schon der Zugang über den Baumwall zur Elbphilharmonie wird kritisch

„Angesichts dieser Entwicklung haben wir uns sofort mit uns bekannten Politikern und Senatoren in Verbindung gesetzt“, erzählen der ehemalige Leiter des Tourismusverbandes Magold, der frühere Bürgerschaftsabgeordnete und Ex-Chef der stadteigenen Sprinkenhof AG Ehlers und der Jurist Kämmerer den Start ihrer Bemühungen, eine für alle Beteiligten angemessene Lösung zu suchen. „Wir wollen, dass der Betrieb der Elbphilharmonie erfolgreich ist“, betont Ehlers pragmatisch und Magold ergänzt: „Aber wir Anwohner sind eine Rahmenbedingung, die man dabei nicht vernachlässigen darf.“

 

Die langwierigen Gespräche mit der BWVI zeigten einige Erfolge: Durchfahrtsverbote mit Wechselschildern eine Stunde vor und nach Konzertbeginn, kein Taxistand am Kaiserkai, Parkraumbewirtschaftung bis 24 Uhr, kein durchfahrender Shuttle-Verkehr und die ausschließliche Abwicklung der An- und Abfahrten über die Brücke sowie die geplante Verstärkung der Fährlinie und des 111er Busses. Maßnahmen, deren Wirksamkeit nach der Eröffnung unter Mitwirkung von Anwohnern überprüft werden sollen.

 

„Die Stadt hat Zugeständnisse gemacht“, finden die Mitglieder der Arbeitsgruppe, „wie stabil diese Ergebnisse sind, müssen wir aber noch sehen.“ Denn in einem Schreiben der Behörde verbirgt sich ein Vorbehalt. Danach hält sich die Stadt eine Option offen, falls die Taxiabwicklung über die Brücke wider Erwarten nicht funktioniert. Dann würde eine Taxidurchfahrt durch den Kaiserkai in Betracht gezogen. Und so heißt es weiter in dem Schreiben, das vorrangige Ziel der Stadt sei der Erfolg der Spielstätte.

 

 

So groß die Freude über die Fertigstellung von Hamburgs neuestem Wahrzeichen ist, so tief sitzen die Befürchtungen – und das nicht nur am Kaiserkai. Die Anwohner der vierspurigen Hauptverkehrsstraße Am Sandtorkai sind schon heute durch das hohe Verkehrsaufkommen, aber auch durch Auto- und Motorradfahrer mit stark aufgedrehten Motoren und manches nächtliche illegale Autorennen erheblich belastet. Künftig kommen die Reisebusse hinzu, die auswärtige Besucher der Elbphilharmonie hier absetzen und wieder abholen werden. Deren Sorgen wurden von den Anwohnern des Kaiserkais nicht thematisiert, weil, so Magold, „die Reisebusse schon in der früheren Planung immer am Sandtorkai halten sollten und im Bereich der Haltestellen keine Wohnbebauung ist“.

 

 

Anders als die Mitglieder der AG, die für den Sandtorkai keinen Verhandlungsbedarf sahen, äußern sich dortige Anlieger. „Ich empfinde es nicht als fair, dass nur die Verkehrssituation am Kaiserkai von der Arbeitsgruppe aufgegriffen wurde“, so Monika Breuch-Moritz, die zwar davon ausgeht, dass die Stadt noch Ideen entwickelt, die Belastung für die Anwohner so klein wie möglich zu halten, sich aber Sorgen um die zusätzliche Verkehrsbelastung macht. Und auch Julien Walther, der seit 2007 dort wohnt, sieht das zu erwartende zusätzliche Verkehrsaufkommen mit Besorgnis: „Gerade in den sonst immerhin etwas ruhiger werdenden Abendstunden sowie an Wochenenden befürchten wir zusätzliche Lärmprobleme und weiteren Parkraummangel.“ Er und seine Nachbarn „erwarten von der Stadt Hamburg Maßnahmen, die von vornherein diese Probleme adressieren. Der Vorzeige-Stadtteil HafenCity ist längst zu einer Problemzone durch lauten Straßenverkehr geworden“, bemängelt Walther.

 

Ob die Appelle, mit denen Verkehrsstaatsrat Andreas Rieckhof (SPD) im Hamburger Abendblatt die Hamburger aufforderte, möglichst mit Bus und Bahn zur Elbphilharmonie zu fahren, und die Verhandlungsergebnisse der Arbeitsgruppe mit der BWVI greifen, wird sich spätestens nach der Eröffnung der Plaza, die für November geplant ist, zeigen. „Freundlich, aber hartnäckig“ werden Thomas Magold, Karl-Heinz Ehlers und Dr. Jörn Axel Kämmerer den Erfolg der jetzt vereinbarten Maßnahmen überprüfen, denn für sie „sind Poller und Schranke, aber auch intensive Parkraumüberwachung“ noch nicht vom Tisch. CF