Ein Gruß aus der Giftküche

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Anfang Oktober war es mal wieder soweit: Der Kapitän eines chinesischen Containerschiffes schaltete frühzeitig in den Hochseemodus um und bescherte nicht nur der Gastronomie in Altona einen unappetitlichen Gruß aus der Giftküche: pechschwarze Abgas-Schwaden waberten durch die hafennahen Bereiche. Was im Hamburger Stadtbereich und auf der Elbe Empörung auslöste und – nebenbei bemerkt – illegal ist, hätte einige hundert Meilen weiter kein Gericht beschäftigt,  sondern ist auch heute noch überwiegend Usus im Transport über die Meere: Die Verbrennung von minderwertigstem Treibstoff, der an Land höchstens als Giftmüll durchgehen würde. Billige Transporte, um eine globalisierte Wirtschaft am Laufen zu halten. Die Rückstände dieser Giftmüllverbrennung auf hoher See finden sich in der Atmosphäre und in den Ozeanen, um dann über Umwege wieder auf unseren Tischen zu landen – beispielsweise in den Fischgerichten der Wirte in Altona, deren Gäste diesen ungewollten Gruß aus der Giftküche erhielten.
Auf einer Kreuzfahrt ist es ratsam, nicht unbedingt auf hoher See in den offenen Bereichen des Hecks zu dinieren, da auch Kreuzfahrtschiffe außerhalb der Schutzzonen häufig auf billigen Treibstoff umschalten. Weniger häufig als bei Containerschiffen, da sich die Kreuzfahrtschiffe meist im küstennahen Bereich, also in den ausgewiesenen Schutzzonen, aufhalten, aber auch hier ist der Kostendruck hoch. Die Rechnung zahlen unsere Kinder und Kindeskinder und alles Gejammere um Wettbewerbsfähigkeit lässt außer Acht, welche globalen Folgen unsere Nachkommen werden auszubaden müssen.
Sowohl Taufe als auch Indienststellung der ersten LNG-Barge in Hamburg sind da nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Sie lindern zwar die stadtnahen Symptome, das eigentliche Übel wird damit aber nicht einmal ansatzweise bei der Wurzel gepackt. So weh es auch tut und so teuer es für jeden einzelnen sein würde: Treibstoffe, egal ob für Schiff, Flugzeug oder Auto gehören ausreichend und angemessen ob ihrer zukünftigen Folgen besteuert, schon allein deshalb, weil nur so die notwendigen Innovationsprozesse in Gang gesetzt werden. Die Bewohner der HafenCity brauchen daran nicht extra erinnert werden: Das häufige Entfernen schmierigen Schmutzes von allen glatten Oberflächen gehört trotz aktiven Lüftens zum täglichen Putzgeschäft im Luxusstadtteil am Wasser.