Italienisch für Anfänger

Der Titel der Aprilausgabe
Der Titel der Aprilausgabe

Editorial

Richtet man die Aufmerksamkeit von den Freiflächen der HafenCity weg mal nach oben, auf die Fassaden der Häuser, bemerkt man – manchmal schon beim ersten Besuch, manchmal aber in Details auch erst nach Jahren – ein weiteres Defizit in der Architektur der neuen Stadtteils: Nein es geht ausnahmsweise mal nicht um Backsteinwüsten, diesmal geht es um die Balkone und Loggien unter den Aspekten praktische Nutzbarkeit und lebendige Ausstrahlung. Ich lebe seit sieben Jahren in der HafenCity und habe das Glück das meine Wohnung eine Loggia mit Südwest-Ausrichtung mit Elbblick hat. Glück und Pech zugleich, denn die Hauptwindrichtung in den letzten Jahren – vor allem wenn viel Wind droht zeigt direkt in die Loggia. Immerhin wird er Wind ein wenig gedämpft durch die vorgelagerten Gebäude. Trotzdem schlägt Regen mannshoch an das fast zwei Meter dahinterliegende Wohnzimmerfenster – wenn die Umstände passen. Durch die Glasbalustrade sind Pflanzen auf der Loggia glücklicherweise einigermaßen geschützt. Die Mehrzahl meiner Nachbarn in der HafenCity haben nicht einmal dieses Glück. Da sieht man Balkone die, ungeschützt zu allen Seiten, nur aus Glas bestehen, Balkone die sich mitten im tückischen Spiel der Natur befinden. Häufig sind diese Balkone leer – aus zweierlei Gründen: Zum einen müssen die Bewohner damit rechnen, das Hab und Gut Wind und Wetter ausgesetzt sind und sich gelegentlich auf Nimmerwiedersehen verabschieden, zum anderen muss ein solcher Balkon immer aufgeräumt sein wenn man sich nicht den Unwillen der Nachbarn zuziehen möchte. Die Folge: Der Eindruck der Unbelebtheit der HafenCity wird noch verstärkt durch sterile Balkone. Im Architektenwettbewerb sah alles noch toll aus, in der Praxis müssen plötzlich alle Gegenstände am Boden festgebolzt werden – wie im Marco-Polo-Tower – will man nicht Nachbarn und Passanten durch umherfliegende Balkonmöbel gefährden. Wollte man tatsächlich einmal Wäsche statt im Trockner in der frischen Brise und Frühlingssonne trocknen, hätte man sie schnell über die gesamte HafenCity verteilt wieder einsammeln müssen. Wäsche auf dem Balkon? Iiih, wie spießig? Beileibe nicht. Dieselben Menschen, die sich zuhause darüber lustig machen, fahren in den Urlaub in den Süden und freuen sich wie Bolle über die lebendigen und pittoresken Straßenszenen in Italien, wo die Wäsche quer über die Straße gespannt munter im Wind flattert und so zur Atmosphäre dort beiträgt. Nun mag man im Angesicht der Schiffsabgase im Hafen Zweifel an der Sinnhaftigkeit von Wäsche im Freien haben, es geht hier auch mehr um die generelle Gestaltung der Balkone und Loggien, die am Menschen und am Ort vorbeigehen. Kleine Details erleichtern da das Leben schon ungemein. Auf den Loggien in unserem Wohnhaus gibt es zum Beispiel ungemein praktische seitliche Einbauschränke in denen man Dinge, die nicht durch die Gegend geweht werden sollen, lagern können. Hier haben sich die Architekten mal die richtigen Gedanken gemacht, genauso wie bei den Gebäuden, in denen die Loggien durch verschiebbare Glaselemente gesichert werden können und sich bei Bedarf in kleine Wintergärten verwandeln. Zurück zur Wäsche: Es wäre trotz aller Widrigkeiten ein schönes Bild. Wenn frische Wäsche zwischen den teilweise wie mit italienischen Abständen gebauten Gebäuden im Wind flattern würde – nur so, als Dekoration und als Zeichen von Leben in den Gebäuden. Zur Not kann man die Wäscheleinen ja auch zur Beflaggung nutzen.