Sonntag ins Museum

Touristen strömen an die Elbphilharmonie
Touristen strömen an die Elbphilharmonie

Unsinn rund um das Ladenschlußgesetz

Seit der Eröffnung der Plaza der Elbphilharmonie rückt wieder eine Diskussion in der HafenCity in den Vordergrund, die so alt wie die HafenCity selbst ist: Warum dürfen an den Landungsbrücken Geschäfte und Souvenirshops öffnen, während an der Elbphilharmonie selbst Souvenirs – anders als in der Elbphilharmonie selbst – am Sonntag nicht verkauft werden dürfen? Im Artikel 140 des Grundgesetzes heißt es zwar: „Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.“ Doch mit der gesellschaftlichen Realität hat das schon lange nichts mehr zu tun. Polizei, Gesundheitsberufe, Gastronomie, Kultur, Verkehr und Dutzende nicht von der Öffentlichkeit wahrgenommene Berufsgruppen sind sonntags auf den Beinen. Man kann davon ausgehen, dass inklusive einer großen Dunkelziffer rund ein Drittel der Berufstätigen ständig oder teilweise an den Sonntagen tätig ist, teilweise auch in Zweit- und Drittjobs, um ihren Lebensunterhalt fristen zu können. Dass dabei ein Verbot der Ladenöffnung die Arbeit an einem Sonntag verhindern könnte, ist Traumtänzerei. Derjenige, der am Wochenende arbeiten möchte – oder muss –, findet auch eine Möglichkeit dazu. Gebäudereinigung oder Bedienung in der Gastronomie, Altenpflege oder Aufsicht im Museum – der Bedarf ist da.

Zurück in die HafenCity: Hier strömen jetzt die Menschen in Massen auch durch den früher eher stillen Kaiserkai und drücken sich die Nasen an den Schaufenstern der geschlossenen Läden und Souvenirshops platt, die sich bei den Touristen dafür entschuldigen, dass sie leider sonntags – anders als an den alten Touristenschwerpunkten in Hamburg – nicht öffnen dürfen. Möglicher Umsatz, der definitiv nicht in Hamburg getätigt wird – anders als der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs auf Facebook anlässlich des Volksentscheides in Münster gegen Sonntagsöffnungen kundtat. Hamburg als propagierte und tatsächliche Touristenstadt ist in seiner Wertschöpfung auf Käufe durch Touristen angewiesen – und verlorene Umsätze gehen hier tatsächlich auch der Stadt als Steuereinnahmen verloren.

Generell ist die Diskussion um die Sonntagsöffnungen sowieso eine typisch deutsche Angelegenheit, letztlich fast alle europäischen Nachbarn sind da schon weiter und haben Lösungen für das Problem gefunden. In Zeiten des Internets sind die Argumente für eine Beibehaltung der strikten deutschen Ladenöffnungszeiten tatsächlich Makulatur. Wer am Sonntag keine geöffneten Läden vorfindet, verlegt seine Shoppingtätigkeiten eh zu Amazon und Co. – zulasten des stationären Handels. Als Kompromiss für eine völlige Freigabe der Sonntage forderte kürzlich der Handelsverband Deutschland immerhin eine Vereinheitlichung der von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich gehandhabten Öffnungen auf zehn Tage und lief gegen die Wände der üblichen Koalition aus Kirchen, Gewerkschaften und SPD in Form des Bundestagsabgeordneten Wolfgang Rose: „Für die Forderung des Handelsverbands Deutschland habe ich keinerlei Verständnis. Sonntag ist kein Tag wie jeder andere – und das soll so bleiben. Der ‚Hamburger Sonntagsfrieden‘ mit vier Sonntagsöffnungen im Jahr ist ein guter Interessenausgleich zwischen der verfassungsmäßigen Sonntagsruhe und dem Wunsch nach einem gelegentlichen Shopping- und Kultur-Event in unserer Stadt. Kirchen, Gewerkschaften und Hamburger Bürgerschaft haben diesen Kompromiss in der Vergangenheit mehrfach bestätigt. Auch in Münster haben die Bürgerinnen und Bürger sich gerade in einer Volksabstimmung gegen die Ausweitung der Sonntagsöffnungen ausgesprochen.“