„Deutschland unter die Haube“ 60 Autohauben, 60 Künstler, eine Einheit

Kurt W. Hamann und die Motorhauben die heute von der Elbphilharmonie in Richtung Marseille gestartet sind (Fotos: Kurt W. Hamann)
Kurt W. Hamann und die Motorhauben die heute von der Elbphilharmonie in Richtung Marseille gestartet sind (Fotos: Kurt W. Hamann)

Heute ist der von VW gesponsert und gestaltete Tourbus des Kunstprojektes „Deutschland unter die Haube“ in Richtung Hamburgs Partnerstadt Marseille vom Platz der deutschen Einheit gestartet, um dort der am Projekt teilnehmenden französischen Künstlerin Myriam Iofrida eine VW-Käfer-Fronthaube zu überreichen. Auf dem Hin- und Rückweg nach und von Marseille  werden weitere Autohauben an Künstlerinnen und Künstler in Düsseldorf, Wiebelskirchen, Zürich, Stuttgart und Quedlinburg überreicht. „Deutschland unter die Haube“ ist ein ganz besonderes Projekt: Am 9. November 1989 öffnete sich mit spektakulären Szenen und vor den Augen einer ungläubig staunenden Weltöffentlichkeit die Berliner Mauer. Am 3. Oktober 1990 – also nur knapp elf Monate später – trat die Deutsche Demokratische Republik (DDR) offiziell der Bundesrepublik Deutschland (BRD) bei. Seit diesen denkwürdigen Ereignissen hat sich in Deutschland in Sachen Einheit viel getan, und vielerorts sind auch große Fortschritte sichtbar. Dennoch gibt es mehr als 24 Jahre nach der Wiedervereinigung immer noch eine Reihe wesentlicher gesellschaftlicher, mentaler sowie wirtschaftlicher Unterschiede, die das Zusammenwachsen erschweren. Nach „Ost“ und „West“ geteilte Entgelte oder ebenso gruppierte Sozialleistungen sowie regional äußerst auffällige politische Radikalisierungen sind dafür nur drei Beispiele. Von einer umfassend realisierten deutschen Einheit kann also immer noch nicht die Rede sein. Dieses vielschichtige Thema greift das Projekt „Deutschland unter die Haube“ jetzt auf – mit künstlerischen Mitteln und mit Hilfe des „liebsten Kindes“ der Deutschen.

60 Künstlerinnen und Künstler werden in dem einmaligen, grenzüberschreitenden Projekt bis zum Herbst 2014 insgesamt 60 Autohauben individuell gestalten und Deutschland auf diesem Wege im echten Wortsinn „unter die Haube bringen“. Bewusst symbolisch ist dabei die Auswahl der Autoteile, die quasi als Leinwände für die künstlerische Beschäftigung mit dem Thema „Deutsche Einheit“ dienen: Jeweils 20 Hauben stammen von der ehemaligen DDR-Marke „Trabant“, vom in der Wendezeit im Westen weit verbreiteten „Golf II“ sowie vom „VW-Käfer“, der weltweit gemeinhin als das Symbol des so genannten Wirtschaftswunders in der BRD nach dem Zweiten Weltkrieg gilt.

Auch die Auswahl der Künstlerinnen und Künstler folgt einer speziellen, eng an der Intention des Projektes orientierten Systematik: 20 aus Westdeutschland stammende Kreative werden die „Trabant-Hauben“ bearbeiten und 20 in Ostdeutschland geborene Künstlerinnen und Künstler, die des „Golf II“. Der 20 Hauben des „VW-Käfer“ nehmen sich schließlich Kreative aus dem Ausland an, unter anderem aus Israel, Italien, Polen, den Niederlanden, den Vereinigten Staaten von Amerika und der Ukraine. Ziel ist es, alle 60 gestalteten Hauben in einer großen Ausstellung zum 25. Jahrestag der Maueröffnung am 9. November 2014 in Berlin wieder zusammen zu bringen. Nach diesem symbolkräftigen Hauptstadt-Auftakt soll die Ausstellung durch ganz Deutschland touren. Initiator und Motor dieses besonderen Kunstprojektes ist der renommierte Hamburger Fotograf Kurt W. Hamann. Nach dem Mauerfall im Herbst 1989 war er häufig in der damaligen DDR unterwegs und fotografierte unter anderem im Auftrag des SPIEGEL in den „Trabant-Werken“ in Zwickau. Diese standen 1990 bereits vor der so genannten „Abwicklung“. Der Werksleiter des Betriebes schenkte dem Fotografen zum Abschied und als Erinnerung an einen ungewöhnlichen Kleinwagen eine unlackierte „Trabant-Motorhaube“ aus dem typischen bräunlichen, baumwollverstärkten Phenolplast. „Die Haube passte bequem in meinen Golf II, den ich damals fuhr“, berichtet Kurt. W. Hamann. „Und ohne es zu ahnen, hatte ich damit bereits die Basis für das aktuelle Projekt gelegt.“ Erst viele Jahre später, nachdem die Idee zu dem Kunstprojekt in ihm gereift war, begab sich Hamann auf die Suche nach weiteren Autohauben des „Trabant“, des „Golf II“sowie des „Käfer“.

Sein erster Weg führte ihn 1992 erneut nach Zwickau, wo die Produktion des „Trabant“ mittlerweile eingestellt worden war. „Ich fand aber den ehemaligen Werksleiter, der sich an mich erinnerte und der mir aus Restbeständen 20 Hauben-Rohlinge verkaufte“, erinnert sich Hamann. Weniger Glück hatte er später in Wolfsburg, denn bei VW wurde der Golf II seit Ende 1992 nicht mehr gebaut. Restbestände an Hauben gab es dort nicht. „VW war wirklich klasse, schmiss eine alte Presse noch einmal an und fertigte speziell für mich die 20 Golf II-Hauben, die sie mir dann sogar schenkten“, so Hamann. Die 20 Hauben des VW-Käfers musste er allerdings kaufen, sie stammen noch aus brasilianischer und mexikanischer Produktion.

„Kaum etwas anderes hat in den Jahrzehnten vor der Wiedervereinigung die großen Unterschiede zwischen den beiden Teilen Deutschlands so stark symbolisiert, wie die Autos aus der jeweils heimischen Produktion“, betont Hamann. „Die Hauben der drei so typischen Marken ‚Trabant‘, ‚Golf‘ und ‚Käfer‘, die jetzt gestaltet werden, sind darum perfekte Projektionsflächen für künstlerische Antworten auf unterschiedlichste Fragen an das Thema ‚Deutsche Einheit‘ und – weiter gefasst – auch an ein demokratisches gemeinsames Europa.“ 36 Künstlerinnen und Künstler sowie eine Designerschule aus Schwerin haben sich seit dem Auftakt des Projektes in Hamburg am 9. November 2012 bereits an die Arbeit gemacht. In den nächsten Monaten werden laufend neue Künstler im In- und Ausland dazukommen. Bereits heute steht fest, dass der bekannte Hamburger Theatermacher und Lichtkünstler Michael Batz das Lichtkonzept für die Ausstellung entwickeln wird. Neben freiwilligen Helfern unterstützt die Volkswagen AG das Kunstprojekt. Zunächst bei der Beschaffung der Golf II-Hauben und ab Sommer 2013 auch durch die Bereitstellung eines Tour-Busses. Mit diesem Bus werden die Autohauben zu einer Reihe von Künstlerinnen und Künstler im In- und Ausland gebracht. Ebenso hat Kurt W. Hamann, der Initiator des Projektes, bislang viel Geld und Zeit investiert.

Nun werden dringend weitere Spenderinnen und Spender für „Deutschland unter die Haube“ gesucht. Da das Projekt vom Finanzamt Hamburg-Nord mittlerweile als gemeinnützig anerkannt wurde, können Zuwendungen auch steuerlich geltend gemacht werden. Die gespendeten Geld- und Sachmittel werden komplett und direkt für das Projekt verwendet. Damit alles transparent und nachvollziehbar ist, wird Beer, Gastl & Partner in Hamburg (Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte) sämtliche Ein- und Ausgaben überwachen.

Finanzierungsbedarf besteht momentan vor allen Dingen für die Dokumentation des gesamten Projektes. Geplant sind ein Film sowie ein Buch, in denen unter anderem die beteiligten Künstlerinnen und Künstler porträtiert und die Entstehung ihrer jeweiligen Werke begleitet werden.

Was geschieht mit den gestalteten Autohauben nach Ende der Ausstellung? Nach dem Ende der Ausstellung sollen die Hauben versteigert werden. Der Erlös wird je zur Hälfte einem guten Zweck und den am Projekt beteiligten Kreativen zur Verfügung gestellt. Jeder von ihnen kann Vorschläge für diesen guten Zweck machen. Die einfache Mehrheit entscheidet dann, wo das Geld hingeht.

www.kurt-w-hamann.de

Spendenkonto: Bank: Hamburger Volksbank BLZ: 201 900 03 Konto-Nr.: 81270704 Kontoinhaber: Kurt W. Hamann Verwendungszweck: Deutschland unter die Haube