Sekt und Selters: Spitzenstimmung bei den politischen Neujahrsempfängen

Die FDP-Spitze
Die FDP-Spitze

Nach dem Wahljahr ist vor dem Wahljahr, und so dienen die Neujahrsempfänge der Fraktionen in der Bürgerschaft oder in der Bezirksversammlung nicht nur dazu, böse Geister zu vertreiben und die guten Geister herbeizurufen. Es sind auch Wahlkampfveranstaltungen, die Mitglieder und Sympathisanten auf die kommenden Zeiten einstimmen und die in der Regel anwesenden politischen Gegner zu beeindrucken versuchen. Besonders sympathisch auf der politischen Bühne Hamburgs ist, dass die „Mitbewerber“ auf der Gästeliste stehen und man sich gegenseitig Aufwartungen macht. Diverse Veranstaltungen werden auch öffentlich angekündigt und sind für alle Interessierten nach Anmeldung offen. Sollten Sie nicht da gewesen sein, lesen Sie hier unsere Impressionen von drei Neujahrsempfängen:

Neujahrsempfang der Bezirksfraktion der FDP Hamburg-Mitte im Aufbruch

Lang angekündigt und vielfach plakatiert wurde die Veranstaltung der FDP-Fraktion. Vor Ort in den gemütlichen Fraktionsräumen auf der anderen Seite des Zollkanals wurde es sehr schnell voll. Sylvia Canel, die derzeit noch Bundestagsabgeordnete ist, und der Medienanwalt Burkhardt Müller-Sönksen, der ebenfalls im Bundestag sitzt, gaben ein einträchtiges Bild. Canel, die Müller-Sönksen bei der Wahl um den begehrten Listenplatz 1 für die kommende Bundestagswahl unterlag, wird als Landesvorsitzende der FDP-Hamburg seinen Wahlkampf organisieren. Mit wenig Geld, viel Herz und unter Verzicht auf offizielle Redebeiträge boten die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Angela Westfehling und die Geschäftsführerin Andrea Sachlan den anwesenden Gästen eine Plattform für viele gute Gespräche. Andreas Gerhold von der Piratenfraktion und Bernd-Peter Holst von der SPD genossen neben dem guten Essen auch die überfraktionellen Kontakte unter anderem mit dem Fraktionsvorsitzenden Bernd Ohde.

Bei den Grünen
Bei den Grünen

Neujahrsempfang der Bürgerschaftsfraktion Bündnis 90 – Die Grünen

Schlange stehen auf dem Weg zum Großen Festsaal des Hamburger Rathauses: nicht, weil man bei dem Neujahrsempfang der Grünen Eintrittskarten vorzeigen muss oder gar bürokratisch Gästelisten abgehakt werden, sondern weil die jährliche Veranstaltung sehr gut besucht ist. Farid Müller, Sprecher für Lesben und Schwule, Medien, Verfassung und Justiz, und Jens Kerstan, Fraktionsvorsitzender der Grünen, stehen am Eingang des Saales und begrüßen jeden Gast mit Handschlag. Der historische Festsaal ist traditionsgemäß mit Regenbogenfahnen geschmückt. Die Schar ist bunt gemischt, eben typisch für die Grünen: Kinder spielen auf der Bühne, die meisten Gäste sind locker-leger gekleidet und verlieren auch nicht ihre gute Laune im Gedrängel. In den Reden, die Farid Müller, Jens Kerstan und die Gastrednerin Katrin Göring-Eckardt, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages und Spitzenkandidatin der Grünen für die Bundestagswahl 2013, halten, wird nicht mit Kritik gespart: Die CDU bestünde aus Laienschauspielern, Elbphilharmonie und kein Ende in Sicht, fehlende Gleichberechtigung im Beruf zwischen Mann und Frau, gleichgeschlechtliche Gemeinschaften, die zwar die Pflichten eines Ehepaares übernehmen dürfen, aber nicht deren Rechte – wie zum Beispiel die Adoption von Kindern. Und eine FDP, die sich Europa gut ohne Griechenland vorstellen kann, kann sich im Gegenzug Katrin Göring-Eckardt aus dem Bundestag wegdenken. Bei dieser Bemerkung muss dann auch der anwesende und sich hier sichtlich wohlfühlende Bürgermeister Olaf Scholz lachen.

Und bei der SPD
Und bei der SPD

Neujahrsempfang der Bürgerschaftsfraktion der SPD

Bei der SPD sind die wenigen Sitzplätze im Großen Festsaal nicht für prominente Gäste oder Parteifunktionäre reserviert. Dort sitzen die langjährigen Genossen, die teilweise seit Jahrzehnten ihrer Partei die Treue halten und einen Sitzplatz benötigen. Auf der Bühne stehen 61 Bürgerschaftsabgeordnete der SPD-Fraktion, die mit ihrem Fraktionschef Andreas Dressel die Größe und Stärke der Mehrheitsfraktion selbstbewusst demonstrieren. Mit dabei Olaf Scholz, der nicht nur Erster Bürgermeister, sondern auch Landesvorsitzender ist, und der Ehrengast Thomas Oppermann, parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion. Unter dem Motto „Versprochen und gehalten“ berichtete Dressel von der Abschaffung der Studiengebühren, von dem Bau von Wohnungen und von der Erfüllung des Rechtsanspruchs bei der Kinderbetreuung und warnt vor der Forderung nach einem 100-prozentigen Rückkauf der Netze. Sein größter Wunsch, dass nach der Niedersachsenwahl die Bundesratsmehrheit an die SPD-geführten Länder übergeht, erfüllte sich dann noch am gleichen Abend. Vielleicht erfüllt sich dann genauso der Bürgermeisterwunsch, der angesichts der langen Planungs- und Bauzeit des Hamburger Rathauses versprach, dass „wir das Haus an der Elbe auch noch fertigstellen werden“. Unter großem Applaus und Einigkeit beschwor Scholz die Zukunft Hamburgs als „elternfreundliche Stadt“ und bezeichnete dieses als weiteren Standortfaktor, der gut ausgebildete Arbeitskräfte in die Stadt lockt. (AF/CF)