Heiter bis Wolkig

10 Jahre Bewohner in der HafenCity

Das Jahr 2014 ist für die HafenCity etwas ganz Besonderes: Irgendwann im Herbst 2004 zogen die ersten Anwohner in ihre gerade frisch fertig gestellten Wohnungen, die Neugier der Öffentlichkeit richtete sich auf Hamburgs neuen Stadtteil. Zehn Jahre ist das jetzt her und der Stadtteil ist immerhin so gut geworden, dass sich immer noch viele der Pioniere aus der damaligen Zeit im Stadtteil bewegen. Für die, die heute in den Stadtteil ziehen, ist der Nervenkitzel nur noch schwer nachvollziehbar. Am Sandtorkai – dort befanden sich die ersten Wohnungen – blickte man auf der einen Seite auf die frisch aus der Freihafenregelung entlassene Speicherstadt, auf der anderen Seite auf viel freie Fläche – Fläche auf der nicht einmal Baugeräte standen, es war eine Art Zwischenzeit bevor die Bautätigkeit richtig losgehen sollte. Sandhaufen und leere Kaizungen bestimmten das Bild, selbst der Kaispeicher A befand sich noch im Dornröschenschlaf im Vollbesitz seiner Kräne.  Gelegentlich füllte sich das Areal mit Menschen. Die Queen Mary am Kreuzfahrtterminal brachte damals noch mehr Menschen auf die Beine, doch schon Stunden später hatten die ersten Anwohner den Stadtteil meist für sich allein. Noch ein Jahr später, als Bauvorhaben am Dalmannkai erste Gestalt annahmen gehörte ein gehörige Portion Mut und Fantasie dazu Miet- und Kaufverträge für Wohnungen auf dem Reißbrett zu unterzeichnen – doch am Sandtorkai konnte man ja immerhin schon erste Prototypen sehen. In die HafenCity zu ziehen oder gezogen sein war damals ein elitäres Vergnügen, das die Menschen schnell zusammenbrachte. Im Bermuda-Dreieck zwischen Chilli-Club, Bar-Riva und Fleetschlößchen lernten sich die zukünftigen Nachbarn am Wochenende schnell kennen – es trafen in der überschaubaren Zahl der Besucher immer dieselben Gesichter – beim gemeinsamen Baustellen-Spotting merkte man schnell auf welcher Wellenlänge die anderen tickten. Der Dauerbeschuss der Öffentlichkeit auf den Stadtteil schweißte zusammen. Wenn Abends die Bauarbeiter nach Hause gingen teilte man sich nur noch mit zahlreichen Ratten den Stadtteil. Die Ratten sind meist weg, die Bauarbeiter ziehen ostwärts und der Stadtteil normalisiert sich. In zehn Jahren ist eine Menge passiert, wer heute in die HafenCity zieht weiß auf was er sich einlässt – meistens zumindest – und kann sich am bereits bestehenden orientieren. Abends ist es manchmal noch immer einsam auf den Straßen und Plätzen und man erahnt wie es vor zehn Jahren gewesen ist, doch diese Momente nehmen immer mehr ab. Das Wohnen selbst ist immer noch großartig – zumindest in den Teilen der HafenCity wo Wasser allgegenwärtig ist und das Licht und den Blick bestimmt. Aber es gibt natürlich auch anderen Lagen, dort wo die HafenCity eher gewöhnlich ist und die Wohnung irgendwo sein könnte. Stadtnähe und Wassernähe gelten natürlich auch für jene Wohnungen, doch mal ehrlich: Die echte HafenCity findet am Wasser statt und nicht ohne Grund werden hier Traumpreise für Wohnungen erzielt. Glücklicherweise verfügt die HafenCity über genug Hafenbecken und Fleete für weitere 1A-Lagen, doch Shanghaiallee, Am Sandtorpark und Überseeboulevard gehören eindeutig nicht dazu.  Zehn Jahre sind eine lange Zeit und vieles in der HafenCity ist erstaunlich gut gelungen, manches aber auch nicht. Was am Anfang ungewöhnlich wirkte – wie zum Beispiel die bunte Mischung der Gebäude auf Sandtor- und Dalmannkai, wirkt heute lebendiger und fröhlicher als die inzwischen überhand nehmenden roten Backsteingebäude. Besser geworden ist auf jeden Fall die Freiraumplanung – viele der Plätze aus der Anfangszeit strahlen eine sterile Kälte aus, die unkorrigierbar scheint. Aber man kann sagen was man will: Die Macher sind lernwillig und lernfähig und so bestehen gute Chancen das in weiteren zehn Jahren die fertige HafenCity tatsächlich das Musterbeispiel für aktuelle Stadtplanung sein wird, was man sich von ihr versprochen hat.